Bei einer Großveranstaltung wie dem Hessentag sind viele Schreckensszenarien vorstellbar. Doch die Bad Vilbeler Polizei bleibt gelassen, denn sie zeigt sich vorbereitet.
Bad Vilbel. Als kürzlich ein Polizeihubschrauber für längere Zeit über Bad Vilbel kreiste, wunderten sich viele, was denn passiert sei. Manche tippten auf Facebook auf einen entflohenen Einbrecher. Doch war der Rundflug etwas ganz anderem dienlich. Denn aus der Luft verschafften sich der Bad Vilbeler Polizeichef Jürgen Werner gemeinsam mit dem mittelhessischen Polizeipräsidenten Bernd Paul und dem Bad Vilbeler Hessentagsbeauftragten Claus Günther Kunzmann einen Überblick, um sich auf den möglichen Hessentag 2020 vorzubereiten. Die Fragen dabei: Wo kann es zu Verkehrsproblemen kommen, wo müssen Gegenaktionen eingeleitet werden?
Bereits vorab trafen sich die Flieger mit Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU), um mögliche Problemfelder aus der Sicht der Polizei zu besprechen. „Wir wollen für Bad Vilbel gut aufgestellt sein, dazu haben wir auch noch genug Zeit“, sagt Polizeichef Werner. Und weiter: „Die Verkehrssituation in Bad Vilbel ist schon lange problematisch. Der Blick aufs Gelände ist dabei durch nichts zu ersetzen“, ist er überzeugt.
Ein Problemfeld: Die Landesstraße 3008, die aus Richtung Gronau auf die B 3 führt. Staus sind hier an der Tagesordnung. „Schon jetzt sieht man, dass Rettungsgassen im Alltag kaum funktionieren. Hier müssen wir schauen, wie wir Einsatz- und Rettungskräfte schnell rein- und rausbekommen.“ Das gelte aber nicht nur für belebte Straßen, sondern etwa auch für den Bad Vilbeler Stadtwald.
Nicht nur der rollende, auch der stehende Verkehr muss geregelt werden. Deswegen haben sich die Beteiligten aus dem Hubschrauber auch mögliche Parkflächen angesehen. Und Luftaufnahmen gemacht. „Denn in die weiteren Planungen müssen auch die Verkehrsplaner von Hessen Mobil, aber auch die Feuerwehr und Rettungskräfte eingebunden werden.“
Kein Größenwahn
Nicht nur auf der Straße kann es indes zu Problemen kommen. Denn mit dem bevorstehenden Ausbau der Bahn zwischen Frankfurt-West und Bad Vilbel könnte es zum Hessentag ebenfalls eng werden. Schon jetzt sei die Bahn sehr eng getaktet, das Stockheimer Lieschen fahre mit Überlänge, an Bahnhöfen wie in Büdesheim sei aus einem Waggon kein Ein- und Aussteigen möglich.
Schließlich könnte auch der geplante Bau des Erlebnisbades noch ein Problem darstellen. Ist das nämlich 2020 in Betrieb, kommen noch die täglichen Badegäste zum Verkehr hinzu. „Als wir im vergangenen Jahr eine Kontrolle im Berufsverkehr auf der B 3 vorgenommen hatten, kam es zum Rückstau bis in die Frankfurter Innenstadt“, schildert Werners Stellvertreter Jürgen Mank. Das drohe bei einem Unfall dann auch.
Doch alleine bleiben die Beamten nicht. „Wir holen uns Erfahrungen aus den Hessentagsstädten Wetzlar und Herborn ein“, skizziert Werner. Die sollen dann auch in den Arbeitskreis Verkehr der Stadtverwaltung einfließen, an dem nach einer erfolgreichen Bewerbung auch ein Vertreter der polizeilichen Verkehrsdienste Wetterau teilnehmen wird. Und auch ein Verkehr-Planungsbüro soll eingebunden werden.
Doch eines ist für Jürgen Mank klar: „Wir müssen den Verkehr so weit wie möglich weghalten.“ Deswegen plant die Stadt Gespräche mit Karben und Nieder-Erlenbach, auch in Dortelweil und Gronau könnte ein Teil der empfohlenen 15 000 Parkplätze entstehen. Von dort geht es dann mit Shuttle-Bussen weiter ins Hessentags-Treiben. Überhaupt lobt Werner die Stadtverwaltung: „Hier besteht kein Größenwahn, man geht mit Augenmaß und Bedacht vor.“
Der Verkehr ist aber nicht das einzige, um das sich die Polizei Gedanken macht. Denn vom Taschendiebstahl über Massenschlägereien bis hin zu einem Anschlagsszenario ist alles denkbar. „Bisher liefen die Hessentage immer sehr friedlich ab. Bei einer Größenordnung, die den Vilbeler Markt und Rewe Family aber weit übersteigt, werden wir Hilfe der Bereitschaftspolizei erhalten“, sagt Werner. Denn die Bad Vilbeler Polizisten sollen sich weiter um die Bedürfnisse der Bad Vilbeler kümmern können.
Schnell entfluchten
Ob es eine Hessentags-Wache im Festgeschehen geben wird, ist noch nicht klar, dafür sei die Polizeistation eigentlich sehr nah am Geschehen. Doch zahlreiche Beamte werden im Trubel zu sehen sein. Hier sei Bad Vilbel in der glücklichen Lage, nahe an den Experten aus Frankfurt und Wiesbaden zu liegen, auch Kollegen aus Offenbach seien schnell hier.
Im Ernstfall gehe es darum, die Festmeile zwischen dem Festplatz und dem Kurhaus möglichst schnell „entfluchten“ zu können, wie Werner mit einem Rückblick auf die Massenpanik und Toten bei der „Love Parade 2010“ in Duisburg ausführt. „Ob per Fahrrad, Segway oder Pferd: Wir sollen das Herz der Sicherheit sein, technisch, personell und optisch. Und wir wollen die perfekte Harmonie zwischen Sicherheit und Wohlfühlen finden, aber nicht mit Schutzwesten und Maschinenpistolen im Anschlag.“ Denn schließlich ist ja auch die Polizei mit einem eigenen Zelt auf jedem Hessentag vertreten. Und will hier mit vielen Bürgern ins Gespräch kommen.