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Conti-Werk schließt 2024

Mehrere Hundert Mitarbeiter des Conti-Werkes haben sich auf dem Werksgelände versammelt. Sie erfahren von Rednern der IG Metall und dem Betriebsrat von der vom Konzern geplanten Schließung bis 2023. Foto: Pegelow
Mehrere Hundert Mitarbeiter des Conti-Werkes haben sich auf dem Werksgelände versammelt. Sie erfahren von Rednern der IG Metall und dem Betriebsrat von der vom Konzern geplanten Schließung bis 2023. Foto: Pegelow

Karben. Schock für die Mitarbeiter des Karbener Conti-Werkes. Die Konzernleitung hat laut IG Metall angekündigt, die Produktion bis zum Jahr 2023 einzustellen. Die restlichen Teile des Karbener Werkes sollen 2024 verlagert werden. Über 1000 Menschen, viele davon aus der Region Wetterau, droht die Arbeitslosigkeit.
Slavica Bär ist entsetzt. Sie weint, als sie vom Reporter auf die geplante Werksschließung angesprochen wird. Für die 52-Jährige, die aus Gedern kommt, bedeutet das »den Weltuntergang. Ich verliere alles«, schluchzt sie.Auch der Auszubildende Oliver Elsner ist betroffen. »Ich bin im dritten Ausbildungsjahr«, sagt der 20-Jährige aus Karben. Er wird zum Mechatroniker ausgebildet. »Wir sind alle tief betroffen«, beschreibt er die Stimmung im Werk an der Max-Planck-Straße. »Ich habe Angst vor dem Jobverlust«, sagt etwa Thomas Schüler. Der 56-Jährige arbeitet seit 1987 im Werk in der Displaymontage. Einige Mitarbeiter sprechen gegenüber den Medien offen über ihre Ängste. Andere mögen an diesem Nachmittag gar nichts sagen.
Mehrere Hundert Mitarbeiter haben am Mittwoch der Vorwoche an der Kundgebung der IG Metall auf dem Werksgelände teilgenommen. Die Stimmung ist kämpferisch, wie Betriebsbetreuer Christian Egner von der IG Metall sagt. Die Nachricht, die am Dienstag den Mitarbeitern in vier Zusammentreffen verkündet wurde, hat viele kalt erwischt. Bis 2023 solle zunächst die Produktion stillgelegt werden, ein Jahr später sollen die anderen Abteilungen des Werkes verlagert werden. Davon betroffen wären 1080 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, laut IG Metall sind rund 800 Mitarbeiter festangestellt, weitere 200 sind Leiharbeiter. Der größte Teil arbeitet in der Fertigung von Elektronik-Bauteilen für die Bordcomputer in den Fahrzeugen.
Produktionsrückgang
Schon im vergangenen Jahr hatte der Conti-Konzern angekündigt, alles auf den Prüfstand stellen zu wollen. Unternehmenssprecherin Nicole Göttlicher betont, die gesamte Automobilbranche befinde sich in einem Strukturwandel. »Hinzu kommt, dass bereits seit 2018 immer weniger Fahrzeuge weltweit produziert werden.« Im September 2019 habe der Conti-Konzern das Strukturprogramm »Transformation 2019 – 2029« bekannt gegeben. Es ziele auf die weltweite Wettbewerbsfähigkeit.
Die Coronavirus-Pandemie habe die Rückgänge der Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen zusätzlich verschärft. »Wir justieren unsere übergreifende Kostenstruktur jetzt neu, denn unser jetziges Kostengefüge passt nicht zur weltweit geringeren Produktion von Fahrzeugen«, sagt die für Personal zuständige Sprecherin des Unternehmens.
Genau in diese Richtung gehen die Begründungen, die den Mitarbeitern in den vier Versammlungenlaut Gewerkschaft mitgeteilt worden sind. »Es hat niemand verstanden, warum dieser Standort geschlossen wird«, sagt Egner ins Mikrofon. Es sei eine »politische Entscheidung, in die deutschen Werke nicht mehr zu investieren«. Was die Mitarbeiter vor allem erzürnt ist, dass man 2006 zu massiven Zugeständnissen bereit gewesen sei, um die Werke zu erhalten. Stattdessen habe Conti die 52 Millionen Euro Lohnkosteneinsparungen genommen, um in Litauen und Ungarn neue Werke zu bauen.
Die Gewerkschafter stimmten die Conti-Mitarbeiter darauf ein, für den Erhalt des Karbener Werkes zu kämpfen. »Wir müssen den Protest auf die Straße tragen«, hieß es. Das werde für Conti »ein heißer Herbst«.
Rahn: Schwerer Schlag
Bürgermeister Guido Rahn bezeichnet die Nachrichten von Conti als »schweren Schlag für die gesamte Region«. Es gelte erst einmal, den Erhalt von Arbeitsplätzen zu erreichen. Wenn dies nicht möglich sei, müsse die Stadt mit Conti die Nachnutzung des Geländes sicherstellen. Immerhin seien das mehr als zwölf Hektar Gewerbefläche inklusive der Gebäude.
Das Stadtoberhaupt war nach dem Ende der Gewerkschaftsveranstaltung vor das Werkstor gekommen, um mit dem Betriebsratsvorsitzenden Frank Grommeck Kontakt aufzunehmen. (pe)