Nach den Herbstferien kann die erweiterte Ganztagsbetreuung an Karbens größter Grundschule endlich in geregelte Bahnen kommen. Die Stadtverordneten haben einen Vertrag mit dem Wetteraukreis gebilligt – obwohl ihnen der Kreis in letzter Sekunde einen Fallstrick unterjubelte.
Karben. Am Ende sind alle froh. Froh, dass sie endlich Ja sagen. Auch wenn Karbens Stadtverordneten Bauchschmerzen bleiben über ihr Ja zum Ausbau der Ganztagsbetreuung an der Selzerbachschule.
In Klein-Karben war die erweiterte Betreuung bis 14.30 Uhr zum Schuljahresstart chaotisch angelaufen: Der Wetteraukreis hatte nicht rechtzeitig für genug Platz gesorgt. Die Mensa ist noch in Bau. Und aufs Angebot der Stadt, die Räume der benachbarten Ex-Kita Kinderhaus zu nutzen, ging der Kreis nicht ein. Folge: Enge, Chaos.
Bis zu 160 Kinder und Betreuer müssen zwischen Räumen und Standorten hin- und herwandern. Lieber will der Kreis einen weiteren Anbau an die Schule errichten. Für die Übergangszeit aber braucht er das Kinderhaus nun doch. Über den Vertrag aber zackern Kreis und Stadt seit Monaten herum – da der Kreis die Räume zum Nulltarif möchte. Nun zahlt er monatlich 1200 Euro, sieht der Vertrag vor.
Im Regen stehen
Dem stimmen die Stadtverordneten in einer Sondersitzung des Sozialausschusses am Montagabend der Vorwoche zu. Obwohl sich der Kreis nur auf maximal zwei Jahre festlegt. Ob bis dahin ein Neubau steht? Vielmehr beschäftigt die Politiker, dass der Kreis in letzter Sekunde einen Fallstrick in den Vertrag einbaute. Die Stadt solle den zweiten Anbau zu 100 Prozent bezahlen, da der Kreis ja schon 2010 den ersten Anbau für die Betreuung errichtet habe.
„Das stimmt so nicht“, erinnert Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Die Stadt habe seinerzeit bereits die Hälfte des ersten Anbaus mit Speiseraum und einem Betreuungsraum bezahlt. Daher müsse der Kreis nun auch beim zweiten Anbau die Hälfte zahlen, fordert Sabine Hellwig (CDU). „Der Kreis hat dem Ausbau der Ganztagsschule zugestimmt, also ist auch er allein als Schulträger zum Ausbau verpflichtet.“ Eigentlich könne sich die Stadt heraushalten.
„Aber wir kümmern uns, weil es um unsere Kinder geht“, sagt Hellwig. „Der Kreis lässt Kinder und Eltern wirklich im Regen stehen“, seufzt Rosemarie Plewe (FW).
Das Problem: „Die Situation muss dringend beendet werden“, mahnt der Bürgermeister. „Keiner versteht es, dass ein Haus neben der Schule komplett leer steht und die Kinder nicht rein dürfen.“ Fordere die Stadt nun eine erneute Vertragskorrektur, „dann hat die Schule bis zum Jahresende keine Lösung“.
Rahn schlägt vor, in einem Begleitschreiben darauf hinzuweisen, dass die Darstellung des Kreises in Sachen erster Anbau falsch sei – und die Stadt deshalb beim zweiten Anbau davon ausgehe, dass die Kosten erneut geteilt werden. Rechtlich sei das möglich, da der Kreis die Stadtbeteiligung nicht festschreibe, sondern nur als „Ziel“ formuliere. Nachverhandlungen seien ohnehin noch nötig, da die vom Kreis geplanten 60 Quadratmeter für 160 Schüler in der Betreuung nicht ausreichen. „Im Kinderhaus bieten wir 400 Quadratmeter“, so Rahn.
Scharfe Kritik
Selbst Rainer Knak von den oppositionellen Grünen findet Rahns Kompromiss gut. „Eine Zielvereinbarung ist ja nicht das letzte Wort.“ Er wirbt um Verständnis für das Vorgehen seines Parteifreunds Helmut Betschel als Schuldezernent: „Der Kreis will eben nicht einfach Kosten auf sich übertragen lassen.“
Doch Andreas Gerhardus, Chef des Stadtelternbeirats, kritisiert das Vorgehen des Kreises: „Diese Hängepartie ist eine absolute Negativ-Werbung für die Betreuung.“ Ohnehin werde in der Elternschaft diskutiert, ob städtische Hortangebote nicht besser seien – weil zuverlässig. Bei Ganztagsschulangeboten hingegen fürchteten viele Eltern „allein gelassen“ zu werden – wie in Klein-Karben. Die Ganztagsschulen aber seien wichtig, weil so Landesgeld zufließe, erinnert Gerhardus. „Unterm Strich kann die Stadt dann mit gleichem finanziellen Einsatz mehr Angebote machen.“
Letztlich heben die Ausschussmitglieder einmütig und final ihre Hände für den Vertrag samt Begleitbrief. Damit steht endlich die Ampel auf Grün fürs Ende des Chaos’ in der Selzerbachschule.
Der Bauhof stehe „Gewehr bei Fuß“, um einen direkten Fußweg vom Schulhof zum Kinderhaus zu bauen, erklärt der Bürgermeister: Schüler müssen nicht mehr an der Straße entlang laufen. Die Toiletten würden kindgerecht umgebaut. Ab den Herbstferien könne das Kinderhaus als Betreuungs-Dependance genutzt werden. Rahn: „Dann hat der Wanderzirkus ein Ende.“ (den)