Karben. Schwarz gekleidet und in weißgesenkelten Springerstiefeln – so einfach wie früher sind Rechtsextreme schon lange nicht mehr auf Anhieb erkennbar. Immer mehr geben sie sich den Anstrich ganz normaler, braver Bürger.
Diesen Weg wählt auch jene Gruppe, die im Mai in Karben einen Treffpunkt eröffnete. Mit Schlagworten wie Heimat, Tradition, Identität werben die Rechten. „Das ist aber nur ein scheinbar harmloses Konzept“, warnt Stadtrat Philipp von Leonhardi (CDU). „Dahinter steckt viel Aggression.“ So sieht die Gruppe in ihrer Eigendarstellung etwa das Land durch Massenzuwanderung und Islamisierung bedroht.
Demokraten einig
Ein Fachmann soll den Karbenern erklären, wer die Rechten sind, die sich in ihrer Mitte eingenistet haben: Professor Benno Hafenegger, Sozialforscher von der Marburger Universität, hält einen Vortrag. Andreas Balser, Vorsitzender der Antifaschistischen Bildungsinitiative Wetterau (Antifabi), will den Karbenern eine Einschätzung der Lage geben.
Vor allem soll das Treffen genutzt werden, um ein „Bündnis offenes Karben“ ins Leben zu rufen. „Wir wollen ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zu respektvollem Zusammenleben in Karben auf breite Schultern verteilen“, erläutert Stadtrat von Leonhardi. Einzelpersonen, Vereine, Gruppen, Politiker – jeder könne sich am Bündnis beteiligen. Den Start für das Bündnis tragen neben der Stadt die Kurt-Schumacher-Schule, die Initiative „Stolpersteine in Karben“, die Ditib-Gemeinde, der Ausländerbeirat und der Deutsch-Ausländische Freundschaftskreis. Eine Resolution plant das Parlament, alle Parteien wollen mitziehen. Der Stadtrat findet es gut, dass sich unter den Demokraten der Stadtpolitik „selbstverständlich alle einig sind“. Wie wichtig das ist, zeigt sich längst: Im Internet ziehen bereits Anhänger der Gruppierung aus anderen Orten über die Karbener her. „Bündnis der Deutschlandhasser formiert sich“ wird dort gestänkert, die Ditib als radikal beschimpft und Stadtrat von Leonhardi als „Multi-Kulti-Fanatiker“ bezeichnet. „Es freut mich, wie besonnen die Karbener reagieren“, sagt der Stadtrat. Ernst genommen werde die Gefahr dennoch.
Gewachsene Kultur
Erste Erfolge des Karbener Widerstands erkennt der Stadtrat aber schon: So schreibe die Gruppe inzwischen nicht mehr, dass es „ihr“ Treffpunkt sei, sondern nur noch, dass sie in dem Karbener Treff zu Gast gewesen sei. „Wir haben in Karben kein Multi-Kulti-Konzept, sondern eine über Jahrzehnte gewachsene gemeinsame Kultur und Lebensqualität entwickelt“, erklärt von Leonhardi. „Und die lassen wir uns auch nicht nehmen.“ (den)