Bad Vilbel. An Löchern für die Trainerbänke und am Zaun machten sich vorige Woche Bauarbeiter auf dem neuen Massenheimer Kunstrasenplatz „An der Au“ zu schaffen. Dort entsteht ein Spielfeld für den FC Massenheim und den TV Bad Vilbel. Der seit Januar im Bau befindliche Platz könne bei trockenem Wetter „unmittelbar fertig gestellt werden“, kündigte Baustadtrat Dieter Peters an. Es fehle nur noch die dritte, abschließende Kunstrasenschicht.
Diesem Termin sieht Anwohnerin Ursula Stelz-Bergmann mit gemischten Gefühlen entgegen. Sie befürchtet eine Belastung der Umwelt durch die untere Tragschicht, ein schwarzes Gummi-Granulat aus recycelten Altreifen und einem Bindemittel. Durch die Drainage im Boden sowie durch thermische und witterungsbedingte Einflüsse könnten sich giftige Substanzen lösen und ins Grundwasser gelangen, glaubt sie. Freigesetzt würden dabei krebserregende Stoffe, Schwermetalle und Feinstäube. Der Platz liege nahe am Auenbereich des Erlenbachs, wenige Meter von einem Brunnen der Hassia und einem Spielplatz. Durch den Gummi könne es zu Allergien bei Kindern und Feinstaub-Belastungen kommen, wenn er erodiere, so Stelz-Bergmann.
Auf diese Gefahren sei sie erst Ende Oktober aufmerksam geworden, als sie die Lieferungen mit dem Altreifen-Granulat gesehen habe, berichtet die Anwohnerin. Die Stadt habe jedoch nie von recycelten Füllstoffen gesprochen. Daraufhin habe sie recherchiert und sei auf ein europaweites Problem gestoßen, erzählt Stelz-Bergmann. Da gebe es einen riesigen Markt mit etwa 2,5 Millionen Altreifen. Wenig überzeugt ist Stelz-Bergmann von dem Gutachten über den Belag. Die Recycling-Stoffe seien von so unterschiedlicher Güte, dass Gutachten nur eine Probe darstellten. Sie glaubt inzwischen nicht mehr, dass sich an dem Platz noch etwas ändern lasse, doch sie möchte, dass Politiker und Umweltverbände sich um die Belastung kümmern.
„Da sind keine Schadstoffe“, entgegnet Stadtbaurat Peters. Er beruft sich auf regelmäßige Umweltverträglichkeitsprüfungen, die der Hersteller durchführe. Überdies entspreche das Recycling-Material der DIN-Norm 1835, zitiert der Massenheimer SPD-Ortsbeirat Norbert Kühl das städtische Bauamt. Dort habe man ihm versichert, die gemessenen Werte lägen weit unter den Grenzwerten. Außerdem werde dieselbe Masse Granulat auch auf Spielplätzen verwendet. Die Vorwürfe seien „weit hergeholt“, findet Kühl. Die Anwohnerin sei erst später zugezogen, als es den Sportplatz schon gegeben habe, und sie habe sich bereits öfters darüber beschwert. Statt „zu nörgeln“, sollte sie froh sein, „dass junge Leute dort Sport treiben können und nicht auf der Straße herumhängen.“
Nachdenklich zeigt sich Werner Blank, der Vorsitzende des TV Massenheim. Er berichtet davon, dass es nach einer Anzeige eine Bodenuntersuchung gegeben habe, bei der die Polizei einen zweistündigen Baustopp angeordnet habe. Er finde, „der Informationsfluss zwischen Stadt und Verein war ungünstig“. So habe der Platz schon am 7. November eröffnet werden sollen, „aber offiziell bekommt man keine Auskunft“. Blank sagt, er vertraue bei dem Belag der Stadt und der Firma, die hunderte solcher Plätze gebaut habe. Er könne die Sorge der Anwohnerin verstehen und trage auch Verantwortung für die vielen Kinder des Vereins, die den Platz benutzen. Andererseits habe auch das grüne Ortsbeiratsmitglied Peter Paul keine Bedenken geäußert. Dass jetzt „nachgekartet wird, halte ich nicht für sehr glücklich“, sagt der Vereinsvorsitzende.