Karben. Bis zum Sommer soll Klarheit über den künftigen Verlauf der neuen B 3 in Karben herrschen. Das Gelnhäuser Amt für Straßen- und Verkehrswesen (ASV) kündigt an, der Bund werde bis dahin die Entscheidung über die „Vorzugsvariante“ treffen. Welche Variante es werden soll, wollen die Planer binnen der nächsten Wochen festlegen und die Meinung der Stadt Karben dazu einholen, erklärt Lutz Dathe, der Projektverantwortliche beim ASV. Derweil blickt die Bürgerinitiative „Am Straßberg“ (BI) in Okarben sorgenvoll den Planungsergebnissen entgegen. Sie fürchtet sich davor, dass der Westen des Karbener Stadtteils von einer engen Umfahrung umschlossen werden könnte.
Beate Reuther-Vega steht auf dem Feld oberhalb der Siedlung. Keine 50 Meter entfernt steht ihr eigenes Haus. Auf dem Feld zwei Holzstäbe. Reuther-Vega und ihre Mitstreiter von der BI haben sie in den Acker gerammt. Genau in der Mitte zwischen der Bebauung und dem ersten Aussiedlerhof. Zwischen den beiden Hölzern so viel Platz, wie ihn eine zweispurige Bundesstraße bräuchte – die „Original“-Daten ermaßen sich die Umgehungsgegner an der ausgebauten B 3 bei Dortelweil. Verliefe hier eine neue B 3, würde diese nur 20, 30 Meter hinter der Terrasse der Reuthers tausende Laster und Autos am Tag vorbeischleusen. „Wir haben immer noch Bedenken, dass der politische Wille für eine Westumfahrung spricht“, sagt Reuther-Vega. „Selbst wenn ein Ausbau auf der alten Trasse möglich wäre.“
Für ihren Wunsch, dass die neue B 3 in Okarben auf der Strecke der heutigen B 3 gebaut wird, ernteten die knapp ein Dutzend Aktiven jahrelang Widerstand. Sie fordern mit der „Unterflurlösung“, dass die B 3 unter die Erde verlegt wird. „Unsere Formulierung ,Tunnel‘ war sicher überdimensioniert gewählt“, gibt Reuther-Vega zu. Längst haben die BI-Aktiven Beispiele aus Österreich, Oberursel und Wetzlar vorgelegt, wonach der Bau für „weitaus weniger als die in die Welt geplapperten 50 Millionen Euro machbar ist“. Unter Hinweis auf diese Zahl sträubte sich die Landespolitik lange dagegen. Selbst Karbens Stadtparlament verwarf die Lösung 2005, revidierte seine Meinung erst vergangenen Herbst. Da allerdings prüften die Planer längst die BI-Lösung, was auch Bundestagsabgeordnete Nina Hauer (SPD) angemahnt hatte. 22 Millionen Euro, schätzen die Straßberger, würde eine tiefer gelegte B 3 kosten – gegenüber geschätzten zwölf bis 15 Millionen für die Umgehung.
Dass die Straßenplaner etwas mehr als ein Vierteljahr in Verzug sind, begründet Hessens Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU) mit einem zusätzlich notwendigen artenschutzrechtlichen Gutachten. Das werde „in den nächsten Tagen“ fertig. Danach könne die Behörde eine „Gesamtabwägung“ durchführen.
„Auf das Ergebnis sind wir selbst gespannt“, sagt Projektplaner Dathe. Alle wichtigen Faktoren spielen in die Entscheidung hinein – und sie muss gerichtsfest sein. Wie naturfreundlich ließe sich die Strecke in welchem Korridor bauen? Wie viele Anwohner würden belästigt? Welche verkehrliche Wirkung hätte welche Variante? Wie aufwändig und teuer wäre der Bau? Aber: Zunächst geht es nur um die „Vorzugsvariante“, sagt Dathe. Also ein enger Korridor, in dem die Trasse verlaufen solle. „Das ist nur eine Vorstellung, noch keine Planung.“ Wie die Trasse letztlich exakt verlaufe, entscheide sich erst nach dem Okay aus Karben und Berlin, wenn die technische Planung anlaufe.
Die BI-Aktiven wollen in den nächsten Wochen besonders laut trommeln. Sie hoffen, dass auch die Anwohner der heutigen B 3 endlich mit ihnen kämpfen. „Wir wollen ja nicht einfach nur den Lärm bei uns hier oben verhindern“, sagt Beate Reuther-Vega. „Die Unterflurtrasse bringt für jeden Vorteile.“ Auch entlang der alten Trasse wäre dann der Lärm passé. Nach dem Stimmungswandel bei den politisch Verantwortlichen in der Stadt ist die Hoffnung von Beate Reuther-Vega heute mehr denn je, doch noch eine neue B 3 verhindern zu können. „Solange uns nicht Zahlen vom Gegenteil überzeugen, dass es untragbar zu teuer wäre.“ (den)