Der Bad Vilbeler Björn Grolik (38) wurde in der Neujahrsnacht Opfer eines Schlägers am Groß-Karbener Bahnhof. Der schlug zu, als Grolik versuchte, einer Frau zu helfen und einen Streit zu entschärfen. Eine Woche nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erzählt Björn Grolik seine Geschichte der Bad Vilbeler Neue Presse.
Bad Vilbel/Karben. Eine Narbe und das hängende linke Augenlid zeugen noch von den Geschehnissen am frühen Morgen des 1. Januar am Karbener Hauptbahnhof. „Gestern wurden die Fäden gezogen“, erklärt Björn Grolik ruhig. Eine Salbe habe er verschrieben bekommen, das Lid soll sich wieder etwas nach oben ziehen. Eine Kunststoffplatte stützt den Augapfel, bis das verheilte Gewebe diese Aufgabe wieder übernehmen kann. „Ich darf weder die Nase schnäuzen noch niesen. Und das für mehrere Wochen“, ärgert sich der Bauingenieur.
Sein Augenlicht sei zwar gerettet, doch es gebe Risiken. So könnte durch Niesen Luft ins Auge gelangen – und zur sofortigen Erblindung führen.
Heftiges Wortgefecht
„Der Start ins Jahr hätte besser verlaufen können“, sagt der 38-Jährige und schmunzelt dabei sogar. „Ich wollte in Karben die erste S-Bahn an Neujahr nach Bad Vilbel nehmen, um 4.29 Uhr.“ In der Unterführung am Bahnhof Groß-Karben sei er auf zwei Männer gestoßen, die sich mit einer jungen Frau auf der Treppe, die zu den Gleisen führt, ein heftiges Wortgefecht lieferten. Oben am Bahnsteig hätte sich eine weitere Gruppe befunden.
Auf dem Weg nach oben habe er der jungen Frau geraten, mit ihm nach oben auf den Bahnsteig zu kommen. „Das tat sie dann auch.“ Die Wortgefechte der oberen Gruppe mit den beiden Männern seien aber nicht abgerissen. „Ich wollte ein Ticket ziehen und habe dem kleineren der beiden Männer gesagt, er solle sich mal etwas entspannen. Er war sehr aggressiv“, erinnert sich Grolik. „Er nannte mich ,Hurensohn‘ und ,alter Nazi‘.“
Da der Streit weiterging, riet Grolik der Gruppe: „Lasst die beiden am besten einfach in Ruhe.“ Der kleinere der beiden Angreifer habe ihn daraufhin geschubst. „Seinem Freund, der mir vernünftiger vorkam, habe ich dann gesagt, er solle mal etwas auf seinen Kumpel aufpassen.“ In diesem Moment fuhr der Zug ein, erinnert sich Björn Grolik – und dann sei alles ganz schnell gegangen.
„Ich bin eingestiegen, habe mich umgedreht und dann kam auch schon der Schlag auf das linke Auge.“ Der kleinere der beiden Männer habe mit voller Wucht seine Brille zertrümmert. „Ich glaube, der Brillenbügel hat mich dann im Auge so schwer verletzt“, vermutet Grolik, die Augenhöhle sei außerdem gebrochen gewesen.
Stark geblutet
„Ich habe nichts mehr gesehen und habe sehr stark geblutet.“ Die zwei Täter seien verschwunden, die andere Gruppe mit der jungen Frau war mit ihm eingestiegen. Sie riefen einen Krankenwagen und versuchten die Blutung mit einem Taschentuch zu stoppen.
„Einer ist dann am Vilbeler Südbahnhof mit mir ausgestiegen. Sanitäter haben mich ins Friedberger Kreiskrankenhaus gefahren“, erzählt Grolik. Dort habe man ihm nicht helfen können, er sei daraufhin in die Frankfurter Uniklinik gebracht worden. „Ich wurde eine Stunde lang genäht und das ohne Narkose“, sagt er. Eine Woche später erst sei er wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden – mit den erwähnten Folgen für sein Auge.
Vorige Woche hatte er einen Termin mit der Polizei: „Mir wurden Überwachungsbilder vorgelegt und ich konnte den Schläger ganz klar identifizieren“, schildert er. „Mittlerweile haben sich die Frau und ihre Begleiter gemeldet und Aussagen gemacht.“ Auch ein Taxifahrer habe ausgesagt, die Männer hätten bereits vor der Tat Menschen am Bahnhof und in der Unterführung angepöbelt.“
Den Fall hat inzwischen die fürs Bahngelände zuständige Bundespolizei in Frankfurt übernommen. „Wer die beiden Täter sind, ist noch nicht bekannt“, erklärt Bundespolizei-Sprecher Ralf Stroeher. Hinweise auf die beiden – einer mit schwarzer Nike-Basecap, der andere mit roter Basecap – erbitten die Beamten daher weiterhin. Die Ermittlungen kämen aber voran.
Klar sei inzwischen, dass Grolik nicht nur der jungen Frau, sondern auch ihrer Schwester und einem Freund habe helfen wollen. Alle drei seien der Polizei bekannt. Das gelte auch für einige weitere Zeugen.
„Wir suchen aber dringend noch nach weiteren Geschädigten und es laufen noch Vernehmungen“, sagt Stroeher. Das gelte auch für den Taxifahrer: Seine Identität habe man trotz Nachfragens bei den Taxiunternehmen nicht ausmachen können.
„Ich denke, ich hatte zugleich Pech und Glück in dieser Neujahrsnacht. Und ich würde wieder dazwischengehen“, erklärt Björn Grolik rückblickend. Der 38-Jährige wünscht sich natürlich, dass der Schläger gefasst wird. (nma/den)