Karben. Die Treppe hinunter geht es an diversen Schmierereien vorbei. Doch der Tunnel unter dem Bahnhof Groß-Karben empfängt die Fahrgäste in frischem Weiß. Die Deutsche Bahn hat den dunklen Durchgang aufgehübscht. Über eines aber kann die Tünche nicht hinweg täuschen: Karbens zentraler Bahnhof hat nach Ansicht von Ordnungsdezernenten Jochen Schmitt (SPD) ein Sicherheitsproblem. Nun soll es „Big Brother“ richten: Der Bahnhof soll künftig von der Polizei per Video-Livekamera überwacht werden.
„Ach, hier ist ein Brennpunkt?“ Seit zwei Jahren wohnt Eleonore Hofmann (61) nun in Groß-Karben. Fast jeden Tag steigt sie am Bahnhof um. Doch unsicher fühlt sie sich nicht. In der ganzen Stadt nicht. Kein Wunder, tauschte sie doch die Großstadt Frankfurt gegen die ländliche Idylle ein. Doch die Spitzbuben sind auch hier natürlich präsent. Vandalismus und Schmierereien sind ein ernstes Thema, besonders am Bahnhof. „Ich habe schon gemerkt, dass das in den vergangenen Jahren ein bisschen mehr geworden ist“, berichtet Eleonore Hofmann.
Ihren Eindruck bestätigt der Stadtrat: Die Zahl der Straftaten geht zwar in der Gesamtstadt kontinuierlich zurück. Karben ist laut Polizeistatistik die sicherste unter den sechs größten Städten im ganzen Wetteraukreis. Doch im Bereich des Bahnhofs hält sich die Kriminalität auf hohem Niveau. „Innerhalb eines Jahres vom Sommer 2006 bis Sommer 2007 wurden dort 13 Fahrraddiebstähle, sieben Kfz-Diebstähle und sechs Einbruchsdelikte in Kfz festgestellt“, berichtet Schmitt.
Damit das besser wird, soll die Stadt nach dem Willen der Stadtregierung nun fast 90 000 Euro in die Hand nehmen. Dafür soll eine Video-Überwachungsanlage installiert werden. Diese soll dann ihre Live-Bilder in die Bad Vilbeler Polizeiwache senden, damit die Ordnungshüter sofort reagieren können, berichtet der Friedberger Polizeisprecher Willi Schwarz. Außer dem Bahnhof sollen auch die Park+Ride- und die Bike+Ride-Anlage mit überwacht werden. Außerdem wolle man prüfen, ob auch der rückwärtig gelegene Bereich bis zu den beiden Kloppenheimer Kitas einbezogen wird. Günstig werden soll das Vorhaben, weil die Karbener Überwachungen zusammen mit der für den Bad Vilbeler Nordbahnhof vorgesehenen gemeinsam geplant werden solle. Auch der Rhein-Main-Verkehrsverbund ist mit im Boot.
Nicht nur eine Abschreckung böser Buben und bessere Aufklärung von Delikten erhofft sich der Ordnungsstadtrat. Ebenfalls könne das subjektive Sicherheitsgefühl der Passanten verbessert werden. Natürlich steht die Polizei voll hinter dem Projekt.
Eine große Mehrheit scheint dem Vorhaben im Parlament gewiss. Denn die Koalition aus CDU, FWG und FDP unterstützt das Vorhaben nicht nur. „Es ist ja aus einem Antrag heraus entstanden, den wir gestellt haben“, erinnert CDU-Fraktionschef Mario Beck. „Ein Erhöhen des Sicherheitsgefühls erhöht auch die Lebensqualität in Karben“, findet er. Zumal sich die Bahn in letzter Zeit Mühe gegeben habe, den Bahnhof ordentlich in Schuss zu halten. Also volle Überwachung aller Reisenden? Das sieht Mario Beck „völlig unkritisch“. Auch Karben-Pendler Andreas Pamer (44) aus Eschersheim hat „kein Problem damit“. (den)