Bis zuletzt hatten einige Mitglieder des Ortsbeirates gehofft, dass die manchen Bürgern ans Herz gewachsene, marode Betonbrücke bleibt. Nun gaben sie aber doch grünes Licht zum Abriss. Eine breite Autostraße mit Geländer soll über die Senke führen, in der früher die Nidda floss.
Karben. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Wie hoch der historische Wert der vor 50 Jahren trockengelegten Niddabrücke in der Dortelweiler Straße ist, und wie schön sie tatsächlich noch aussieht, darüber sind auf dieser Sitzung des Ortsbeirates noch einmal die Gemüter hochgekocht.
„Wir hatten auf der vergangenen Sitzung doch davon gesprochen, nicht über Poller zu reden, sondern wie man den Charakter der Brücke erhalten kann“, ärgerte sich ein Teilnehmer. „Mir gefällt sie so“, pflichtete eine junge Frau bei und fügte hinzu, dass „an dem Geländer und der Ortsansicht dieser Brücke auch in Zukunft weiter genügend junge Leute hängen werden“.
Seit allerdings feststeht, dass die Kosten eines Neubaus mindestens 400 000 Euro verschlingen würden, wie Experten vorrechnen, haben Straßenbauer das Oberwasser über Brückenbauer. Vor derart sündhaft teuren Träumen warnte der Erste Stadtrat Otmar Stein (CDU): „Dem würde der Magistrat niemals zustimmen.“ Über verkehrsberuhigende Maßnahmen lasse sich allerdings reden, fügte Stein hinzu.
Laut Kalkulationen des Straßenbau-Ingenieurs Holger Ebert vom Frankfurter Büro IMB Plan muss das Rathaus nach einem geplanten Abriss mit ungefähr 30 000 Euro Kosten rechnen, um anstelle der Brücke ohne Fluss ein Fundament zu legen und neue Wege für Fußgänger, Rad- und Autofahrer anzulegen. Ob die vom Tiefbauamt zum zweispurigen Hin- und- Herverkehr veranschlagten 4,50 Meter Fahrbahnbreite unbedingt notwendig seien, fragten Rainer Züsch und sein Ortsbeiratskollege Jochen Schmitt (beide SPD) daraufhin.
Nervende Autofahrer
An der Sitzung teilnehmende Anwohner beschwerten sich über ein „markantes Verkehrsaufkommen“ an dieser Stelle. Viele Fußballer und Tennisspieler suchten hier den Weg zum Sportplatz, hieß es. Aber auch Erwerbstätige würden jeden Morgen in großer Zahl zum Gewerbegebiet fahren.
Dass Gutachter im vergangenen Jahr empfohlen hatten, die marode Brücke binnen zwölf Monaten abzureißen, wurde im Ortsbeirat mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung gebilligt.
Wichtig erschien den Gesprächsteilnehmern im Ortsbeirat eine „Option für ein zweites Geländer“. Die vom Architekten als Lichtbild an die Wand geworfenen Entwürfe hätten jedenfalls „nichts mit dem historischen Charakter zu tun, der uns mit der Brücke verloren geht“, wurde bemängelt.
Tiefbauamts-Mitarbeiter Michael Soborka machte darauf aufmerksam, dass eine Brüstung wie an dieser Brücke „heutzutage bei keinem Neubau mehr erlaubt wäre“. Zur Sicherheit schreibe die Bauordnung so schmale Pfeilerabstände vor, dass kein Kind seinen Kopf hineinstecken könne. Das 1901 von Italienern konstruierte Bauwerk habe eine Brüstung von knapp 15 Zentimetern. „So große Löcher würden heute nicht mehr zugelassen“, sagte Soborka.
Brücke weg im August
Läuft bei der noch kommenden, politischen Diskussion im Rathaus alles glatt, so will das Tiefbauamt im Sommer mit den Bauarbeiten beginnen. Nach dem Stadtlauf am 10. August wäre der beste Zeitpunkt, erklärte der Mitarbeiter der Stadt Karben.
Ganz ohne Hinweis auf die alte Zeit in Klein-Karben soll das Wegstück, an dem die frühere Niddabrücke stand, aber doch nicht auskommen müssen. Dort, wo sich die Überführung aus Beton noch ein halbes Jahr über ein trockenes Flussbett spannt, schlägt Architekt Holger Ebert vor, rote Pflastersteine zu verlegen.
Das technische Pflaster, auf dem Rollstuhlfahrer und Kinderwagen keine Probleme haben, könne die Farbe des Sandsteins aufnehmen, aus dem der nahe Brunnen gebaut wurde, der nach Karbens Mundartdichter Peter Geibel benannt ist. Das Pflaster löse für die Stadt keine hohen Mehrkosten aus, versicherte der Straßenbauingenieur. Von einer Verkehrsberuhigung in Form eines Flaschenhalses an dieser Stelle rate er aus Sicherheitsgründen ab.