Natürlich ging es vorrangig um Kultur beim Empfang von Landtagspräsident Norbert Kartmann, den der CDU-Mann am Freitagabend als Schirmherr der Bad Vilbeler Burgfestspiele im Vorfeld der Premiere des Stückes „Die Päpstin“ ausrichtete. Es ging dabei aber keineswegs nur um die hohe Kunst, sondern diesmal auch dezidiert um das liebe Geld.
Bad Vilbel. Landtagspräsident Kartmann zeigte sich rednerisch auf der Höhe des herrlichen Sommerwetters und würdigte ausdrücklich die „sensationelle Arbeit“ des Teams um Intendant Claus Kunzman. Auch vergaß er nicht, coram publico zu erwähnen, dass das Land Hessen den Zuschuss für die Burgfestspiele in diesem Jahr um fast 43 Prozent erhöht hat.
Die Nummer 1
Klingt super, erwiderte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). In absoluten Zahlen liest sich das aber nüchterner: Statt 7000 Euro gab es nun 10 000 – und das, obwohl die jetzt 29 Jahre alten Bad Vilbeler Festspiele hessenweit bei den Besucherzahlen mit über 100 000 Zuschauern 2014 die Nummer eins seien und auch in der Open-Air-Bundesliga-Festspielen an künstlerischer Bedeutung deutlich vor den Bad Hersfelder Festspielen rangieren. Allein fünf Millionen Euro hat die Stadt als Burgbesitzerin in den vergangenen zwölf Jahren in die Instandsetzung des denkmalgeschützten Gebäudes der Wasserburg investiert.
Mit völligem Unverständnis schauen die Bad Vilbeler nach Bad Hersfeld (der „Bad Vilbeler Anzeiger“ berichtete“). Die dortigen Festspiele, die Starregisseur Dieter Wedel vor einiger Zeit als Intendant übernommen hat, wobei er einige schauspielerische Prominente auf die Bühne schickt, unter anderem Matthieu Carrière und Cosma Shiva Hagen, unterstützt das Land plötzlich mit der 30fachen Summe, nämlich mit sage und schreibe 300 000 Euro. Diese maßlose Ungerechtigkeit, vom hessischen Regierungschef Volker Bouffier (CDU) höchstpersönlich abgesegnet und vom FDP-Landtagsabgeordneten Jörg-Uwe Hahn (FDP) aufgedeckte krasse Benachteiligung, wird in der Quellenstadt zurecht als Skandal klassifiziert.
Keine angenehme Rolle für Landtagspräsident Kartmann, diese stiefmütterliche Behandlung irgendwie auszubügeln, dennoch gelang ihm eine beachtliche elegante Volte: „Meine Gratulation, gerade weil sie es ohne permanenten Tropf aus Wiesbaden so weit gebracht haben. Wer gut ist, schafft es eben fast ganz allein.“
Für 2016 und die dann 30. Saison wünscht sich Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr ebenfalls mehr Geld zur Entlastung des Stadtsäckels. Das hofft auch Hassia-Geschäftsführer Dirk Hinkel, der als Vorsitzender des Burgfestspiele-Fördervereins zwar humorvoll, aber dennoch nachdrücklich um Mitglieder, um Sponsoren und um eine substantiellere Förderung durch das Land Hessen warb. Der Ruf nach Gerechtigkeit kam bei den Gästen gut an – darunter die Bad Vilbeler Ehrenbürger Günter Hinkel und Kurt Ochs, die Ex-Minister Ruth Wagner (FDP), Bundestagsabgeordneter Oswin Veith (CDU), Bad Vilbels SPD-Vorsitzender Rainer Fich, Polizeichef Jürgen Werner und Kreisbrandinspektor Otfried Hartmann. Zusammen mit den über 800 Gästen genossen sie die gekonnt inszenierte Premiere der „Päpstin“. (zlp/sam)
Burgfestspiele, S. 15-20