Bad Vilbel. Völlig unterschiedlich haben die Grünen und die FDP die kürzlich erfolgte Eröffnung der Tiefgarage unter der neuen Stadthalle kommentiert. So meinen die Grünen, die Tiefgarage sei »aus der Zeit gefallen«. 20 Millionen Euro seien aufgewandt worden, damit auf 375 großzügig bemessenen Parkplätzen Autos abgestellt werden können. »Die Idee einer Tiefgarage unter dem Kurpark entstammt den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts«, kommentiert Vorsitzende Jana Peters.
Die Garage sei bereits in der Bauphase durch das Nidda-Hochwasser in eine sehr kritische Situation geraten. Nur durch das Eingreifen der Feuerwehr habe die Gefahr massiver Gebäudeschäden abgewandt werden können, schreibt Peters.
Wo ist der Schutz vor Naturgewalten?
»Die Tiefgarage und die darüber befindlichen Gebäude mögen für ein Jahrhunderthochwasser der Nidda ausgelegt sein. Doch aufgrund der rasant voranschreitenden Klimakrise wissen wir nicht, welchen Aufwand es tatsächlich noch kosten wird, den Baukomplex in unmittelbarer Flußnähe vor künftigen Naturgewalten zu schützen. Das Gebot der Stunde lautet, möglichst nicht in unmittelbarer Flußnähe zu bauen und Grünflächen im Innenstadtbereich nicht zu versiegeln. Beide Gebote wurden im einstigen Kurpark-West missachtet.«
Es bleibe zu hoffen, »dass der lähmende Parkplatzsuchverkehr in der Innenstadt nachlässt.« Allerdings gebe es keinen Grund für Hoffnung auf eine Belebung der Innenstadt. Co-Vorsitzender Clemens Breest erinnert an eine Studie von 2019 über die Innenstädte von Offenbach, Gera, Erfurt, Weimar, Leipzig und jetzt kürzlich für Berlin. Darin sei darauf hingewiesen worden, dass der größte Anteil der Kundinnen und Kunden des Einzelhandels inzwischen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln kommt. »Statt diesem Mobilitätswandel Rechnung zu tragen, werden Millionen für die Autofahrer ausgegeben«, kritisiert Breest für die Grünen.
Die Kosten für die Tiefgarage nimmt Co-Fraktionsvorsitzender Jens Matthias in den Blick. »Mit dem Geld für elf Parkplätze hätten wir ein Jahr lang den Vilbus finanzieren können. Denn für die Errichtung eines Parkplatzes wurden über 53 000 Euro ausgegeben.«
Doch die Grünen sorgen sich nach eigenen Angaben noch mehr über die Kostenentwicklung sowohl beim Bau als auch beim späteren Unterhalt. Die Tiefgarage sei einst für elf Millionen Euro kalkuliert worden und verzeichnet somit fast eine Verdopplung. Für die Stadthalle seien einst 25 Millionen Euro genannt worden, die zuletzt kalkulierten Kosten lägen bei 52 Millionen Euro. Matthias urteilt: »In einer Zeit, in der aufgrund der Coronakrise die Einnahmen der Stadt einbrechen, werden die regelmäßigen Ausgaben in Millionenhöhen getrieben. Die Stadthalle wird uns jährlich sicherlich mindestens zwei Millionen Euro zusätzlich kosten – ohne dass es darin nur eine Veranstaltung gegeben hat. Wir sind sehr gespannt, wie das der Bürgermeister und Kämmerer im nächsten Jahr angesichts der ganzen übrigen Kostentreiber der Koalition noch ohne Steuer- und Beitragserhöhungen finanzieren will.«
FDP: Ein Markstein für die Attraktivität
Völlig anders beurteilt die FDP die neue Tiefgarage. Sie sieht einen »Markstein für die Steigerung der Attraktivität Bad Vilbels und insbesondere der Innenstadt«. FDP-Ortsverbandsvorsitzender Jörg-Uwe Hahn und Fraktionsvorsitzender im Stadtparlament, Erich Schleßmann, schreiben dazu: »Wenn eine Stadt ein Gesicht von innen heraus hat, dann werden die Verschönerungs- und Verbesserungsaktionen Schritt für Schritt immer sicht- und erlebbarer.« Allen Unkenrufen und Widerständen zum Trotz sei Bad Vilbel mit der Unterstützung durch die frühere CDU/FDP-Koalition fit gemacht worden für die nächsten Jahrzehnte. »Die FDP ist stolz und froh, bei diesem Prozess an entscheidender Stelle mitbeteiligt gewesen zu sein.«
Die städtische Fortentwicklung neben dem Kurgarten mit Stadthalle, Kurhaus und Hotel am Nidda-Ufer mit Stadtbibliothek und Niddaplatz gehe aber mit der Renovierung der Frankfurter Straße im Innenstadtbereich kontinuierlich weiter. Zurzeit werden Stichstraßen zu ihr hin erneuert.
»Der Erlebnis- und Aufenthaltsraum für die Bürger wird schöner und interessanter«, so Schleßmann, der jedoch weitere Aufgaben definiert: »Die Steigerung der Attraktivität der Innenstadt beruht neben Straßen und Gebäuden auch auf den Säulen Verkehr und Sicherheit. Da ist weiterhin Gehirnschmalz gefordert, um die Innenstadt zu einem gleichberechtigten Erlebnis für alle Verkehrsteilnehmer – Autofahrer, Radfahrer und nicht zuletzt Fußgänger – zu machen.«
Vergessen werden dürften unter keinen Umständen die Anwohner, die gerade an den Wochenenden nachts erheblichen Belästigungen ausgesetzt sind.« Auch müsse die zunehmend einseitiger werdende Ladenstruktur in den Blick genommen und durch Rahmensetzungen belebt werden.
Ziel müsse nicht nur die qualifizierte Ausrichtung des Hessentags 2025 sein, sondern die Realisierung eines Konzepts, das der größten Stadt des Wetteraukreises gerecht werde. Daran werde die FDP, so die beiden Vorsitzenden Schleßmann und Hahn abschließend, immer wieder erinnern. (zlp)