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Aufruf zur Bürgerpflicht – Hessens SPD-Chef Schäfer-Gümbel fordert mehr Engagement von allen

Bad Vilbel. Der Neujahrsempfang der Bad Vilbeler SPD stand ganz im Zeichen der Bürgermeisterwahl am 21. Februar. Deshalb hatten die Genossen bei ihrer jüngsten Veranstaltung im Dortelweiler Kultur- und Sportforum dem gemeinsamen Kandidaten von SPD und den Grünen für den Bad Vilbeler Rathaussessel, dem Grünen-Politiker Helmut Betschel-Pflügel, genauso viel Zeit eingeräumt wie dem eigentlichen Hauptredner, dem hessischen SPD-Landesvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel.

Vor gut 150 Gästenwandte sich Betschel-Pflügel zunächst unmittelbar den Themen seines Bürgermeisterwahlkampfes zu. In der Stadt herrsche unter den Bürgern mittlerweile ein Klima des Misstrauens und der Angst, sich auch öffentlich zu wichtigen Projekten zu äußern. Obwohl beispielsweise die Überbauung der Nidda mit einer Mediathek nahe dem zentralen Parkplatz von kaum einem Bürger noch gewollt werde, „plant und setzt eine Gruppe das Projekt durch, die weder von den Bürgern gewählt, noch eine sonstige Legitimation dazu hat“. Er rief deshalb die Mehrheit im Stadtparlament dazu auf, das angestrebte Bürgerbegehren, für das 3 550 Stimmen vorlägen, endlich zuzulassen.

Ähnlich undemokratisch werde mit den Wünschen der Bürger bei der Bebauung der Ami-Wiese auf dem Heilsberg umgegangen, sagt Betschel-Pflügel. „Stehen Sie auf. Schauen Sie nicht tatenlos zu – schließlich sind Sie als Bürger der oberste Souverän in unserem Staat“, forderte er die Bad Vilbeler zum Handeln auf.

Auf eine Veränderung des politischen Klimas, allerdings für ganz Deutschland, ging auch der Hauptredner des Neujahrsempfangs, Thorsten Schäfer-Gümbel ein. Seiner Ansicht nach werde Politik in Deutschland derzeit nur inszeniert, nicht jedoch konsequent betrieben. Als Beispiele nannte er die Diskussion um seine Brille im vergangenen Jahr oder die Bilder von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Hubschrauber über Afghanistan. „Die öffentliche Diskussion dreht sich momentan doch nur um Äußerlichkeiten und weniger um Inhalte“, so Schäfer-Gümbel.

Der hessische SPD-Chef forderte deshalb, über die Notwendigkeit eines Gesellschaftsvertrags nachzudenken. „Und zwar müssen das die Bürger selber machen und die Aufgabe nicht Professoren oder Politikern überlassen.“ Wichtig sei, dass die Bürger für sich und die übrige Gesellschaft wieder Verantwortung übernehmen würden. Denn nur so könnten die großen Herausforderungen der Zukunft wie Bildung, Arbeitsmarktpolitik und Umwelt einvernehmlich und gemeinsam angegangen werden.

Allerdings dürfe die Übernahme der Verantwortung nicht dazu führen, dass das Ehrenamt am Ende alles und der Staat nur noch eine funktionslose Hülle ist. Denn auch eine gut funktionierende Gesellschaft brauche einen handlungsfähigen Staat, so Oppositionsführer Thorsten Schäfer-Gümbel. Das habe das vergangene Jahr gezeigt, als die Bundesregierung mit den Sonderinvestitionsmaßnahmen die Wirtschaftskrise in Deutschland aufgefangen habe. „Trotzdem ist es für das zukünftige Zusammenleben und für eine gut funktionierende Gesellschaft wichtig, dass Sie sich mehr einmischen. Lassen Sie sich nicht von Parolen blenden, sondern übernehmen Sie selber Verantwortung“, forderte Schäfer-Gümbel unter dem lang anhaltenden Beifall der Zuhörer.