Bad Vilbel. Der im Ludwigsburger Pop-Verlag erschienene Gedichtband „Und wenn du willst vergiss“ mit Gedichten von Horst Samson (56), vielfacher Buchautor, Mitherausgeber von Salman Rushdies „Satanischen Versen“ und Redaktionsleiter des BVA, umfasst eine repräsentative Auswahl von Gedichten aus mehreren Lyrikbänden des Autors und macht damit wichtige Gedichte des poetischen Frühwerks sowie zum Aufbruch der rumäniendeutschen Autoren in die weltliterarische Moderne dem interessierten Leser zugänglich. Das Vorwort dazu schrieb der Schweizer Dichter Andreas Saurer (Bern).
Samsons Gedichte „sind wichtige Belege der Auseinandersetzungen mit der Diktatur, sie feiern das poetische Ich, lehnen dessen Vergesellschaftung ab, es sind lyrische Kryptogramme eines Lebens in dunkler Zeit, reich an Erlebnisfracht“, schreibt Verlagsleiter Traian Pop, der die Textauswahl vorgenommen hat. Horst Samson gehört mit Herta Müller (Nobelpreisträgerin), Richard Wagner, Rolf Bossert, Franz Hodjak, Dieter Schlesak, Klaus Hensel, Ernest Wichner, Johann Lippet, Werner Söllner, oder William Totok zu den maßgeblichen Dichtern der ehemals „fünften deutschen Literatur“. Für seinen in deutscher Sprache im Dacia Verlag Klausenburg erschienenen Gedichtband „tiefflug“ (1981) wurde er mit dem Lyrikpreis des Rumänischen Schriftstellerverbandes ausgezeichnet. Weitere Preise kamen hinzu, ein Stipendium der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, der zweite Preis beim internationalen Lyrikwettbewerb in Meran (Italien), und 2007 der Preis für „Das beste Delfingedicht“ der „Gesellschaft zur Rettung der Delfine“.
Der Kritiker und Kenner der rumäniendeutschen Literatur, Eduard Schneider (München), schrieb in einer Rezension zu Samsons Gedichtband „Was noch blieb von Edom“, der in der vorliegenden Auswahl enthalten ist: „Die Gedichte evozieren ein Land, in dem ,Menschen / Verschwinden wie / Der Duft von billigstem // Eau de Cologne’ (Rumania by night). Der Begriff des ,Schwindens’ ist ein Topos, der, ähnlich wie die Metaphern ,Tod’, ,Schnee’ oder ,Blut’, in den Sprachbildern der Texte obsessiv wiederkehrt. Wie tödliche Verzweiflung noch den Lebenswillen befruchten kann, anders gesagt, ,was uns zerstört / lässt uns / leben’, hat Samson in dem feinnervigen Gedicht ,Und wenn du willst vergiss’ eingebracht“, das dieser Lyrik-Auswahl den Titel gibt.
In der Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt kommt dem Gedicht „Edoms Nacht“ ein besonderer Stellenwert zu, so Schneider. Überreale Bilder in raffiniert gebrochenen Verszeilen suggerieren einen Alptraum, machen deutlich, wie sich Terror entfaltet und was er im Menschen zurücklässt. Samson, der, Depressionen ausmessend, für die Träume befürchtet: „Kein Ort steht ihnen zu“, findet aber auch Worte, um Glücksempfindungen aufzuschreiben, seien sie nun aus phantasieumsponnener Nähe entstanden („Aber ich hatte zu lieben. / An der warmen Brust lag mir // Eine Sirene. Herrlich roch sie / Nach Fisch und nach Algen“) in „Schwedeneck“ oder aus der Flüchtigkeit einer Begegnung ( „Sie war als wäre sie / Ein Traum, schien wie der Rauch // Einer Gauloise / Zu sein, stieg aus / Dem Zug und ich stieg ein. / Dann war sie weg. Ich liebte sie // In Gedanken kurz / Und klein“) in dem Gedicht „Fata“. (tp)
Horst Samson: „Und wenn du willst, vergiss“, Gedichte; Pop Verlag, Ludwigsburg; 130 Seiten; ISBN-10: 3937139923 oder ISBN-13: 978-3937139920; Preis 14.90 Euro.