Karben. (pm) Aus den letzten offenen Baugebieten im Stadtzentrum von Karben fordert der Ortsverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) die Gestaltung der Naturschutz-Ausgleichsflächen ohne neue Freizeit-Bauwerke. Nachdem sich der CDU-Stadtverband bei der Bevölkerung nach Spiel- und Unterhaltungsvorschlägen für die neuen Grünanlagen erkundigt hat, wenden sich Ulrike Loos und Peter Hofmann für den BUND mit einem alternativen Entwicklungskonzept an die Christdemokraten.
Biotopverbund
wiederherstellen
Die Naturschützer schlagen für diese Grünflächen die Wiederherstellung einer standortgerechten Auen-Vegetation vor, um damit eine Verbindung – quasi einen Bypass – anzulegen, der den in Karben unterbrochenen Wetterauer Auenverbund wiederherstellt. Dieser endet nämlich von Wöllstadt im Norden und von Dortelweil im Süden kommend, an der Karbener Innenstadtbebauung. Der geforderte »Bypass« schafft eine grüne Westumgehung von der Innenstadt und dem Gewerbegebiet. Der Biotopverbund würde sich in südwestlicher Verlängerung wieder der renaturierten Nidda anschließen. Die naturnahe Anbindung an den Auenverbund wäre für eine resiliente Natur besonders wertvoll. Der Auenverbund Wetterau sei in Hessen ein naturschutzfachlicher »Hotspot«, sagen die zuständigen Fachämter.
Bei Karben ist die Nidda-Aue etwa einen Kilometer breit und von den Oberliegern, die den Auenverbund immer weiter ausgebaut haben, könne man schon mal hören: »Ja, aber die Karbener, die haben die ganze Nidda-Aue fast vollständig zugebaut.« Da habe Karben zur Wiedergutmachung noch eine hohe Bringschuld, meinen Loos und Hofmann. Deswegen schlägt der BUND für den gesamten Grünstreifen die Wiederherstellung einer standortgerechten Auen-Vegetation vor, um die gefährdete, weil verdrängte, Tier- und Pflanzenwelt zurückzuholen. Ein vitaler Naturraum werte auch die vorhandenen und neuen Stadtwohnungen auf, denn die Auen-Vegetation kühle die Stadt im Sommer, filtere den Feinstaub und sorge für Frischluft in der Innenstadt. Dass die Vielfalt der Natur auch ohne Freizeitanlagen einen hohen Erlebnis- und Erholungswert besitze, zeige die große Akzeptanz der renaturierten Nidda in der Innenstadt.
Slogan: »Wohnen
im Grünen«
Würden Teilbereiche einer natürlichen Auen-Vegetation mit Freizeitanlagen überbaut, gehe die Qualität des Wetterauer Auenverbundes weitgehend verloren. Auch das harmonische Landschaftsbild der Auenbiotope erführe eine optische Entwertung. Bereits die BUND-Stellungnahme zum Bebauungsplan »Brunnenquartier« habe entsprechende Vorschläge enthalten. Hofmann: »Eine nachvollziehbare, vergleichende Ergebnisprüfung haben wir bisher nicht erhalten.«
Die Durchgrünung und Durchfeuchtung der teilweise noch vorhandenen Gräben, der Blühwiesen und Strauchgruppen wäre laut BUND kostengünstiger herzustellen als die Freizeitanlagen. Eine renaturierte Auenlandschaft würde auch dem langjährigen Werbeslogan Karbens entsprechen: »Wohnen im Grünen«. Auch die unmittelbaren Anwohner der Spiel- und Freizeiteinrichtungen würden wohl, besonders in den Abendstunden, auf die zu erwartenden Jugendtreffpunkte gerne verzichten.
Der BUND weiter: »Bisher wurde von der Karbener Politik nicht nur der konsequente Naturschutz bei der Innenstadtbebauung verdrängt, auch ein Gebot des Katastrophenschutzes wurde missachtet. Eigentlich sind Flussauen von einer großflächigen Bebauung freizuhalten. Wetterkundler können bestätigen, dass bei einem dauerhaften Starkregen, wie im Ahrtal, die gesamte Innenstadt von der Senioren-Wohnanlage über das Rathaus bis zum Gewerbegebiet vollständig überflutet wäre. Die Schäden wären vermutlich höher als der gesamte Jahreshaushalt der Stadt Karben. Dabei könnte die Natur auf unangenehme Weise den geforderten Auenverbund auch selbsttätig wiederherstellen.«
Für die gewünschten Freizeiteinrichtungen gäbe es ganz in der Nähe besser geeignete Orte. »Die würden wir den Christdemokraten gerne vorstellen«, schreibt der BUND.