Rundgang auf den Spuren vergangener Tage: Der Geschichtsverein hatte zu einer spannenden Führung durch Groß-Karben eingeladen.
Karben. Orte in Groß-Karben, an denen sich Bürger bereits im 18. und 19. Jahrhundert sozial engagierten: Sie standen im Mittelpunkt der Stadtführung von Käthe Gaertner. Geboren in Frankfurt am Main, lebt sie seit 1944 in Groß-Karben. Die Begrüßung übernahm Gerd Klein, Ehrenvorsitzender des Geschichtsvereins und früherer Bürgermeister Karbens. Dann starteten 25 Teilnehmer auf eine gut zweistündige Tour durch den alten Ortskern.
Sich selbst versorgt
Groß-Karben sei einst bäuerlich geprägt und durch „guten Boden und gutes Wasser“ begünstigt gewesen, sagte Gaertner. Die Menschen seien meist selbstständig oder als Handelsleute tätig gewesen. Dabei hätten Obst und Gemüse aus kleinen Gärten bei der Versorgung geholfen. Zu den wenigen größeren Arbeitgebern im Ort hätten der Hof von Leonhardi, die Dögelmühle und der Selzerbrunnen gezählt.
Von der evangelischen Kirche aus führte der Rundgang zum Degenfeldschen Schloss, dem damaligen Gemeindeschloss. Darin seien Einrichtungen wie Schule und Dorfpolizei untergebracht gewesen. Von dort führt ein schmaler Weg durch die Pforte, auch „Pförtchen“ genannt. Dies sei schon damals der Weg für viele zu ihren Gärten gewesen und als Rest der mittelalterlichen Dorfbefestigung erhalten geblieben, sagte Käthe Gaertner.
Arztpraxis und Wit-Tag
An der Ecke Burg-Gräfenröder-Straße/Mühlgasse habe Gräfin Marianne Unruh, geborene von Leonhardi, 1861 das Stift Unruh als Unterkunft für Alleinstehende errichtet. Bereits im 18. Jahrhundert habe es in Groß-Karben eine angestellte Hebamme gegeben, „und im Jahr 1900 wurde im Ort die erste Arztpraxis eröffnet“, berichtete Gaertner. So seien die Bewohner damals recht gut medizinisch versorgt gewesen, bilanzierte sie. In der Altkönigstraße machte die Gruppe halt vor dem früheren Forsthaus. „Der Wald spielte eine wichtige Rolle, so wurde das Holz zum Häuserbau genutzt, und die Menschen ernährten sich von den Früchten des Waldes“.
An so genannten Wit-Tagen hätten nur Witwen in den Wald gehen und sich dort mit heimischen Früchten versorgen dürfen, erzählte die Stadtführerin. In der Polizeiordnung sei für Begräbnisse eine Mindest-Teilnehmerzahl festgelegt und das Nicht-Erscheinen von Nachbarn sei unter Strafe gestellt worden. In der Burg-Gräfenröder-Straße 53 habe es um 1895 die so genannte „Herbersch“ als Verpflegungsstation für arme Durchreisende gegeben, die in Frankfurt Arbeit gesucht hätten.
Im Jahr 1870 habe Pfarrer Schüler den ersten „Kleinkindergarten“ in der Christinenstraße eröffnet; zudem habe er einen „Krankenunterstützungsverein“ ins Leben gerufen, erklärte Gaertner.