Das Kurhaus wird dieser Tage umgebaut, doch wartete auf die Arbeiter, die das ehemalige Restaurant in ein neues Bürgerbüro für die Bad Vilbeler Innenstadt verwandeln sollen, eine Überraschung. Denn unter der Tapete wurden plötzlich alte Malereien sichtbar. Der Denkmalschutz wurde hinzugezogen, die Arbeiten mussten vorerst gestoppt werden. Mittlerweile ist klar geworden, wie mit den alten Malereien zu verfahren ist. Durch einen glücklichen Zufall konnte sogar das Originalbild ermittelt werden.
Bad Vilbel. Während an der östlichen Seite des Kurhauses der Treppenlift installiert wird, herrscht Begeisterung im Inneren. „Oben an der Wand war ein Bogen, der fast heruntergefallen ist“, beschreibt Dorit Schulze, Fachdienstleiterin des Bereichs Hochbau und Gebäude-Instandhaltung der Stadt.
Man habe schließlich damit begonnen, die Tapete zu entfernen und Malereien entdeckt: „Das war am Anfang wirklich kaum zu erkennen“, sagt sie. Die gefundenen Malereien seien mit Fotos und Beschreibungen genauestens dokumentiert worden: „Es waren eine Zeichnung einer Stadt zu sehen, außerdem die Wappen des Landes Hessen und der Stadt Bad Vilbel. Diese Wappen waren allerdings schon so beschädigt, eine Restauration hätte sich nicht gelohnt“, betont die Fachdienstleiterin.
Der Denkmalschutz des Wetteraukreises habe sehr schnell reagiert und damit begonnen, die gefundenen Werke zu dokumentieren. „Uns wurde dann ans Herz gelegt, einen kleinen Bereich auszuwählen und restaurieren zu lassen, so dass man diesen in Zukunft als Fenster in der Wand sehen kann“, sagt Schulze.
Sehr gut erhalten
Recht gut erhalten sei eine Darstellung Bad Vilbels aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewesen. Natürlich prangt an der Wand des neuen Bürgerbüros nur ein Duplikat, schließlich wurde das Bad Vilbeler Kurhaus erst in den Jahren 1927 und 1928 als Volkshaus errichtet. Ein Geistesblitz von Roland Hollhorst, der mit seiner Firma „Domus Handelsgesellschaft für Heimtextilien“ für den Innenraum des Kurhauses verantwortlich ist, führte schließlich zum Fund des Originalkünstlers und des Originalbildes. „Vor fast genau 25 Jahren habe ich hier in Bad Vilbel geheiratet. Damals hat jeder zur Hochzeit ein Buch bekommen, in dem Daten und Bilder über die Stadt zu finden sind“, berichtet er. Nachdem er das Bild im Kurhaus gesehen habe, wurde dem Vilbeler Unternehmer schnell klar: „Das Bild hatte ich schon einmal gesehen. Und dann bin ich tatsächlich fündig geworden“, sagt Hollhorst.
Jakob Fürchtegott Dielmann habe das Bild gemalt. Der Künstler lebte von 1809 bis 1885 in Frankfurt und war Illustrator, Genre- und Landschaftsmaler. Gut zu sehen ist allerdings, dass der unbekannte Maler, der das Bild an die Wand im Kurhaus bringen sollte, sich seinerzeit einige Freiheiten erlaubt hat. „Der Künstler hat das etwas anders interpretiert“, sagt der zuständige Restaurator Gerd Hunold. Das Bild zeige den Blick vom heutigen Kartenbüro der Burg hinauf zur Auferstehungskirche, vermuten die Anwesenden, glücklich über die Entdeckung des Originalkünstlers. „Man muss nur miteinander reden, dann ist so etwas schnell gefunden“, berichtet der Restaurator aus seinem Erfahrungsschatz. Zwei Tage lang habe er gearbeitet, um das Bild wieder ansehnlich zu machen.
„Ich habe die Reste des Bildes gesäubert, Tapetenreste abgemacht und schließlich damit begonnen, den Hintergrund nach zu malen und die Konturen auszuretuschieren“, sagt der Restaurator. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Das Bild ist aus der Anfangszeit des Kurhauses, wurde dann aber einfach zutapeziert, weil es wohl nicht mehr modern war. Es ist dann in Vergessenheit geraten“, vermutet Restaurator Hunold.
Das „Fenster“ zeigt nun eine wunderschöne Darstellung des alten Bad Vilbel, ein Rahmen soll das Bild noch veredeln. „Wir haben bereits mit Kulturamtsleiter und dem Vorsitzenden des Vereins für Geschichte und Heimatpflege, Claus-Günther Kunzmann, gesprochen, denn wir wollen weitere alte Bilder an diese Wand hängen“, erklärt Stadtsprecher Yannick Schwander. „Das Bild hat für Neubürger und auch alle anderen Vilbeler natürlich eine identitätsstiftende Wirkung. Da in diesem Raum das Bürgerbüro und auch die Touristeninformation sein werden, ist das Bild wirklich am perfekten Ort aufgetaucht“, findet Schwander.