Die gute Nachricht für alle Genießer von Apfelwein vorweg: Verzichten muss in diesem Jahr niemand auf den beliebten Fruchtwein. Obwohl 2017 die schlechteste Ernte seit mehr als 20 Jahren ist, wie Keltereichef Volker Thomas berichtet.
Karben. Im Hof stehen Lieferantenautos und Wagen mit Anhängern Schlange, die Annahmestation kann sich vor Arbeit kaum retten, das Sammelbecken gegenüber der Produktionshalle ist prall gefüllt mit Äpfeln – so sah es im vergangenen Jahr bei der Apfelannahme in der Kelterei Rapp’s aus.
In diesem Jahr ist das Bild ein völlig anderes: Die bis zum Ende des zweiten Tages angelieferten Äpfel verlieren sich fast in dem Sammelbecken, in das normalerweise unzählige Tonnen Obst passen. Volker Thoma steht am Rand und betrachtet etwas ratlos die gähnende Leere. Eigentlich habe er genau das befürchtet, gibt der Geschäftsführer der Kelterei zu. Die Prognosen seien von Anfang an sehr schlecht gewesen.
„Der Frost im April hat voll zugeschlagen. Es ist die schlechteste Ernte seit über 20 Jahren“, nennt er das Kind beim Namen. „Das Ergebnis davon sehen wir jetzt überdeutlich. Wir hatten uns auf einen Rückgang der Lieferungen von 50 bis 60 Prozent eingestellt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es am Ende fast 80 Prozent sein werden. Im Schnitt zu den letzten zehn Jahren wäre das ein Rückgang um mehr als die Hälfte.“
Lieber Saft als Geld
Was auch noch hinzukäme, meint der Keltereichef, sei die verhältnismäßig schlechte Witterung in diesem Spätsommer. Egal ob Landwirt oder Privatperson, sobald es regne, habe doch keiner mehr Lust, das vom Baum gefallene Obst aufzusammeln. Aber genau darauf sei man beim Keltern angewiesen. Thoma weist auf eine Regel der Natur hin, die für 2018 auf Besseres hoffen lässt: „Auf ein gutes Jahr folgt ein schlechtes Jahr. 2016 war gut, 2017 ist es nicht, also kann die Ernte im nächsten Jahr nur besser werden.“ Es dauert eine ganze Weile, dann kommt doch noch ein Auto mit Anhänger auf den Hof gefahren. Das Fahrzeug trägt ein Bad Homburger Kennzeichen, der Lieferant ist bei Rapp’s kein Unbekannter. Rainer Gessner, der seit drei Jahren für die Annahme und das Wiegen der Äpfel zuständig ist, begrüßt den Mann mit Handschlag.
Obstbauer Wächtershäuser aus Eschbach bringt seine Ernte schon seit mehr als 35 Jahren zu Rapp’s. Die Äpfel stecken in mehreren Kartoffelsäcken. 141 Kilogramm sind es auf der Waage. Beim Verkauf bekommt der Mann dafür entweder frisch gepressten Süßen oder Geld. 100 Kilo Kelteräpfel bringen 60 Liter Süßen oder umgerechnet 13 Euro. „Ich nehme lieber den Saft“, sagt Wächtershäuser. „Den bearbeite ich zu Hause und mache Ebbelwei davon. Aber diesmal gibt es nicht viel, denn mein Ertrag war so schlecht wie lange nicht.“
Diese Klage hört Rainer Gessner sehr oft. Viele der Leute kennt er gut. Oft bekunden sie ihre Frustration mit deutlichen Worten. „2016 gab es so viele Äpfel, dass die Annahme zwei Monate, von Anfang September bis Anfang Oktober, ging“, erinnert sich der Rentner. „In diesem Jahr wird das kaum möglich sein. Heute waren es beispielsweise zwei Tonnen weniger als gestern. Für uns ist es auch nicht schön, wenn nichts los ist.“
Defizit ausgleichen
Der regionale Bezug der Rapp’s Kelterei lässt sich gut an den Herkunftsorten der Äpfel ablesen: Ockstadt, Bruchenbrücken, Bad Vilbel, Bad Homburg, Eschbach, Harheim, Frankfurt, Karben, Friedrichsdorf, Burgholzhausen und Langgöns. Das Obst aus Karben hat natürlich den geringsten Anreiseweg und stammt größtenteils von den Streuobstwiesen in der Gemarkung.
Gerne würde er mehr „seiner“ Lieferanten begrüßen. Einige wird er vielleicht gar nicht sehen. Unbestritten ist, dass die Firma Rapp’s für diese mehr als magere Ernte einen Ausgleich finden muss. Wie der aussehen soll, müsse sich noch zeigen.