In ihrer syrischen Heimat waren sie Hautarzt, HNO-Arzt, Urologe oder Tiermediziner, in Bad Vilbel sind sie Flüchtlinge. Beim DRK finden sie Hilfe, um bald wieder arbeiten zu können – doch es existieren einige Hürden.
Bad Vilbel. Die Atmosphäre ist freundlich, aufmerksam und nahezu familiär. DRK-Bereitschaftsleiterin Silke Zuschlag hat vier syrische Bürgerkriegsflüchtlinge eingeladen – und das nicht zum ersten Mal. An diesem Dienstabend stellt Ausbilder Karlheinz Weinert den Ehrenamtlichen des Sanitätsdienstes die zwei neuen Defibrillatoren vor. Auch die Syrer sollen teilnehmen und dabei auch soziale Kontakte knüpfen.
Mitmachen beim Sanitätsdienst, etwa bei den Burgfestspielen, dürfen einige von ihnen jedoch nicht – wegen nicht ausreichender Deutschkenntnisse. Die sind auch die größte Hürde, um wieder zurück in den erlernten Beruf zu gelangen. Roida Hanna (44) war in Syrien Hautärztin, lebt seit November 2006 mit ihrem Mann, einem Haustechniker, und zwei Kindern (8, 4) in Deutschland. Sie hat die Hürde mit dem Sprachtest genommen, ihre ärztliche Approbation gilt weiter, arbeiten darf sie ebenfalls.
Doch um wieder als Hautärztin tätig sein zu dürfen, muss sie erst ein einjähriges Praktikum als Assistenzärztin absolvieren. Danach sucht sie seit längerem. Ein zusätzliches Problem: In dieser Zeit müsste auch für ihre Kinder gesorgt sein. Eigentlich ist Hanna, wie ihre drei Landsleute, zu stolz, um außerhalb ihres akademischen Berufes zu arbeiten, doch mittlerweile würde sie sich auch für Pflegestellen im Krankenhaus bewerben. Sie steigt jetzt auch in den Sanitätsdienst ein.
Vorreiter bei den syrischen Flüchtlingen sei Abdallah Barakat gewesen, sagt Zuschlag – und bedankt sich bei der FNP, nach deren Bericht er eine Wohnung gefunden habe. Der syrische Urologe hat wie seine Landsleute eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung, die danach unbefristet gilt. Den Erste-Hilfe-Kurs und auch den B1-Sprachtest hat er bestanden, aber das reicht nicht. Er muss noch den C1-Kurs absolvieren, um wieder medizinisch tätig sein zu dürfen.
Eine große Hürde, ein Jahr und fünf Monate dauern die Kurse, die er erst finanziert bekommt, wenn er nicht mehr Flüchtling ist, sondern anerkannt. Und einen C1-Kurs finde er derzeit nirgends bei der VHS, dem Goethe-Institut und Berlitz, klagt Barakat. Dann solle er es doch in Wiesbaden, in Gießen oder auch Darmstadt versuchen, rät Zuschlag, weite Wege seien kein Problem.
Sie sieht in Barakat und seinen Landsleuten Menschen, die kämpfen, „wo viele andere in den Tag hineinleben“. Sie hilft, wo es nur geht, sei es mit einem Anzug aus dem DRK-Kleiderladen und Unterstützung bei Bewerbungsgesprächen oder auch einfach durch Zuhören.
Abdallah hat inzwischen einen Führerschein, aber als Taxifahrer jobben will er nicht. Er möchte lieber ein unbezahltes Praktikum in einem Krankenhaus machen – und vor allem weiter Deutsch lernen. Denn je länger das Sprache pauken dauert, umso länger ist auch die Zeit ohne berufliche Erfahrung.
Inzwischen ist auch Barakats Cousin Emad Trad (50), ein HNO-Arzt, angekommen. Seine Frau war in Syrien Bauingenieurin. Trad möchte von Büdingen nach Bad Vilbel ziehen und sucht nach einer Wohnung für sich und vielleicht bald auch seine Frau und die beiden Kinder (12 und 17).
Allerdings sieht es mit seinem Deutsch noch nicht so gut aus, er beginnt gerade seinen A2-Kurs. Auch Nassor Altarati (43) lebt mit Frau und zwei Kindern in Bad Vilbel. Als Tierarzt hat er Glück, er braucht nur den B1-Sprachkurs. Ihn lernte Zuschlag in ihrem DRK-Kleiderladen kennen.
Wohnungssuche
Die syrischen Ärzte haben Glück gehabt, sind anerkannt – aber damit gibt es auf einem höheren Niveau neue Probleme. In dem Moment, wo sie anerkannt sind, müssen sie die Flüchtlingsunterkünfte verlassen und eine eigene Wohnung finden – schließlich werden sie für Neuankömmlinge benötigt. „Als Flüchtlinge sind sie in Bad Vilbel gut behütet, danach werden sie allein gelassen“, sagt Zuschlag.
Sei es bei der Wohnungssuche, beim Handy-Vertrag oder beim Wiedereinstieg in ihren Beruf, berichtet Zuschlag. „Wir wollen die Leute integrieren, aus ihren vier Wänden herausholen – da werd’ ich gebraucht“, sagt sie entschlossen.