Mit einem seltenen Verfahren hat das neue Karbener Stadtparlament seine Arbeit aufgenommen. Über die Besetzung eines Stadtratspostens muss das Los entscheiden.
Karben. Das Parlament hat die Petterweiler CDU-Politikerin Ingrid Lenz für weitere fünf Jahre an die Spitze der Stadtverordnetenversammlung gewählt. Einstimmig, eine faire parlamentarische Gepflogenheit. Gestellt von der größten Fraktion: 21 der 37 Parlamentarier hat die Union, erstmals eine absolute Mehrheit.
Alterspräsident Gerhard Christian (CDU) bleibt nach seinem sehr kurzen Auftritt nur, der Parteifreundin zu gratulieren. Trotz seines dreiviertel Jahrhunderts Lebenserfahrung ist er doch aufgeregt. „Damit ist Ingrid Lenz gewählt zur Stadtverordnetenfrau“, verkündet Christian, knapp vorbei an der korrekten Titelbezeichnung. So hat er fröhliche Lacher auf seiner Seite, entspannt die Stimmung des Abends merklich.
Es werden sieben
Das ist nötig, hat die seit zehn Jahren amtierende Parlamentschefin doch ihre Mühe, sich den Abend über entlang der Fallstricke parlamentarischer Formalia zu hangeln. „Es ist nicht mein Tag“, seufzt sie später entschuldigend. Das einfachste sind noch die Amtseinführungen: Zunächst für Bürgermeister Guido Rahn (CDU), der am 6. März mit 77,8 Prozent wiedergewählt wurde – zeitgleich zur Kommunalwahl. Lenz vereidigt ihn für weitere sechs Jahre. Die Ernennungsurkunde erhält Rahn vom Ersten Stadtrat Otmar Stein.
Gleiches Prozedere kurz darauf für die neuen Stadträte, die ebenfalls eingeführt, ernannt, vereidigt werden. Die Basis dafür legt das ungewöhnliche Losverfahren. Otmar Stein, Jürgen Hintz, Sebastian Wollny und Friedrich Schwaab (CDU) sowie Michael Schmidt (SPD) ziehen als Folge der geheimen Wahl und nach einem komplizierten Verfahren berechnet als Ehrenamtliche in die Regierung ein. Doch es kommt, wie befürchtet: Die Kandidaten von Freien Wählern und Grünen erzielen gleich viele Stimmen. Die Gemeindeordnung schreibt für diesen Fall den Losentscheid vor. Den nimmt Ingrid Lenz mit hörbarem Rascheln in der Pappbox vor. Hauptamtsleiter Manuel Peña hält den Zettel in die Höhe: FW Karben, Rosemarie Plewe ist gewählt.
Der unterlegene Grünen-Kandidat Mario Schäfer sitzt in den Besucherrängen und ist dennoch zufrieden. Damit Schäfer noch nachrücken kann, beschließt das Parlament direkt anschließend, die Zahl der Stadträte von sechs auf sieben zu erhöhen. In der nächsten Parlamentssitzung im Juni kann dann Schäfer nachrücken.
SPD ohne Personal
Bei der Wahl der Betriebskommission der Stadtwerke, also quasi dem Aufsichtsrat, wählt das Parlament drei CDU- und einen SPD-Vertreter. Dann muss das Los entscheiden, ob die Freien Wähler Sitz Nummer fünf erhalten oder die SPD. Ingrid Lenz zieht die SPD. Doch die hat keinen zweiten Kandidaten aufgestellt. „Damit bleibt der Sitz unbesetzt“, verkündet Lenz.
Die Neuen der von zehn auf acht Mitglieder geschrumpften SPD-Fraktion staunen – und ihnen bleibt nicht viel mehr als Schulterzucken. Auch als klar wird, dass die Fraktion einen weiteren Aufsichtsposten mangels Kandidat nicht besetzen kann. Wenngleich es „nur“ um den Wasserverband geht. Die SPD, raunt ein Fraktionsmitglied, habe derzeit andere Probleme zu lösen. Nach dem Wahldebakel vom 6. März sucht die Partei eine neue Richtung. Und eine neue Führung. (den)