Die Bad Vilbeler Grünen denken um. „Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Bad Vilbel ist eine der dringlichsten sozialen Aufgaben unserer Gemeinde“ sagt Jens Matthias, stellvertretender Vorsitzender der Grünen in Bad Vilbel, die bislang gegen alle Bad Vilbeler Wohnbauprojekte ins Felde gezogen sind.
Bad Vilbel. Die Grünen haben scheinbar neu nachgedacht. Ihre conclusio: „Die allgemeinen Mietkostensteigerungen machen für viele Haushalte das Wohnen in Bad Vilbel nicht mehr bezahlbar. Durch den anhaltenden Zuzug, auch von Flüchtlingen, die ebenfalls nach ihrer Anerkennung günstigen Wohnraum benötigen, wird sich die Situation noch verschärfen. Wir müssen dringend handeln“, fordert der grüne Vize-Chef Jens Matthias.
Was jetzt getan werden könne, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, das wollen die Grünen mit Daniela Wagner, der Vorsitzenden der hessischen Grünen, am Samstag, 16. Januar, um 16 Uhr im Café Mondnacht diskutieren.
Daniela Wagner war bis zur letzten Legislaturperiode Mitglied des Bundestages und hat sich im Bundestag einen Namen als Expertin für das Thema Wohnen und sozialer Wohnungsbau gemacht, schreiben die Grünen.
Dass Bedarf an geförderten Wohnraum bestehe, daran bestünde kein Zweifel, heißt es in der Presseinformation. So habe Bad Vilbel beim Runden Tisch Wohnen des Regionalverbandes 15 Hektar Bauland in der Krebsschere als mögliches Bebauungsgebiet für geförderten Wohnraum angegeben. Auf der Fläche könnten mehrere
hundert Wohneinheiten entstehen. „Was fehlt, das ist der politische Wille günstigen Wohnraum zu schaffen“, behaupten die Grünen. Die Wohnbaugenossenschaft, an der die Stadt beteiligt ist, würde gerne Wohnraum schaffen, könne dies aber aufgrund der hohen Grundstückspreise nicht realisieren, wie sie in ihrem Beteiligungsbericht 2014 ausweist. „Wenn die Stadt Grundstücke zu über 700 Euro pro Quadratmeter verkauft,
lässt sich darauf kein sozialer Wohnungsbau realisieren. Hier muss gehandelt werden“, fordern die Grünen, ganz überraschend und versuchen es mit der Neid-Schiene.“
Bei der Unterstützung von Großinvestoren wie der Humanistischen Stiftung oder Herrn Wund, fallen der Stadt Möglichkeiten ein, attraktive Bedingungen für Investoren zu schaffen, warum nicht auch in dem so wichtigen Bereich sozialer Wohnungsbau?“ fragt sich Clemens Breest, Bürgermeisterkandidat der Grünen. Seiner Ansicht nach werde die Lage auf dem örtlichen Wohnungmarkt in den nächsten Jahren „besonders dramatisch“, da bei der Wohnbaugenossenschaft über 220 Wohnungen aus der Preis- und Belegungsbindung herausfallen. „Da ist der von der Stadt angekündigte soziale Wohnungsbau mit 60 Wohnungen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, kritisiert Breest. Die unerwartete 180-Grad-Drehung der Vilbeler Grünen verwundert Stadtrat Klaus Minkel (CDU): „In kaum einer Stadt ist seit Jahrzehnten eine derart hohe Bautätigkeit wie in Bad Vilbel. Dabei standen die Grünen stets im Bremserhäuschen. Sie stimmten gegen den neuen Stadtteil Dortelweil-West. Sie waren auch gegen den Quellenpark.
Sie waren auch gegen B3 und Nordumgehung, ohne die es diese Stadtteile nicht hätte geben können. Gegen die Nordspange waren sie auch“, erinnert er die grünen Gemeindepolitiker und schließt daraus messerscharf: „Wenn man stets gegen neue Baugebiete war, ist es scheinheilig, nun Wohnungsbau zu fordern.“
Das sollten die Grünen laut Klaus Minkel ruhig der Stadt Bad Vilbel überlassen, „die sich wie keine andere Stadt weit und breit für den Wohnungsbau eingesetzt hat, auch für preisgünstigen Wohnraum und preisgünstiges Eigentum. Die Stadtwerke haben schließlich rund 1000 Häuser und Wohnungen in Dortelweil-West günstig verkauft, um jungen Familien zu Eigentum zu verhelfen“, bringt Minkel die Grünen auf die Sprünge.
Durch die hohe Bautätigkeit in Bad Vilbel sei zudem der Wohnungsmarkt ständig in Bewegung. Eine neue Einheit im mittleren oder oberen Preissegment führe nämlich stets zu einem Umschlag, weil der Neubezieher eine Wohnung räumt, die ein anderer bezieht. „Dieser Kaskadeneffekt kann zu mehrfachen Umschichtungen führen, bis am Ende auch im unteren Preissegment eine Wohnung frei wird“, erklärt Minkel. Im Gegensatz zu Frankfurt habe Bad Vilbel „durch eine kluge Bodenpolitik sehr große Baulandreserven, die jetzt zum richtigen Zeitpunkt an den Markt kommen. Wäre es nach den Grünen gegangen, hätten wir nichts.“ (sam)