Bad Vilbel. „Man hat jeden Tag die Chance, eine Pflanze umzubringen“, sagt Karl-Heinz März, Ausbilder in der Gärtnerei im Berufsförderungswerk Frankfurt am Main und fügt hinzu: „Damit das nicht passiert, arbeiten wir 200 Tage im Jahr“. Es ist keinesfalls so, dass Pflänzchen einfach in die Erde gesteckt werden und der Gärtner die Hände in den Schoß legen kann, bis sie herangewachsen sind. Da heißt es pflanzen, pikieren, umtopfen, gießen, düngen, schattieren und heizen, bis endlich geerntet werden kann. Wir sind ein reeller Gartenbaubetrieb, so erläutern Karl-Heinz März, Helga Falkenberg und Waltraud Zajac, die zum Qualifizierungsteam gehören, es werde ganz gezielt auf eine Vermarktung der sorgfältig herangezogenen Pflanzen hingearbeitet.
Das Preisniveau von Stiefmütterchen, Weihnachtsstern und Co. richtet sich nach den Frankfurter Großmarktpreisen. Exklusiv nutzen können diese günstige Einkaufsmöglichkeit die Angestellten und die Rehabilitanden des Berufsförderungswerkes. Zwanzig Teilnehmer an Umschulungsmaßnahmen im Alter von 20 bis 48 Jahren arbeiten in vier Gruppen im Gartenbau. Aufnahme der neuen Gruppen ist zweimal im Jahr. Bei Qualifizierungen wie dem Gartenbau-Assistent/in oder der Gartencenter-Fachberater/in wird sogar wöchentlich aufgenommen. Die zukünftigen Gärtner absolvieren hier in einem realistischen Umfeld ohne Hektik des Großstadtlebens eine Qualifizierung.
2000 Quadratmeter befinden sich in der Gärtnerei des Berufsförderungswerkes unter Glas. Jenseits des Erlenbachs gehören zur Arbeitsfläche noch zwei Hektar eingezäunte Freifläche, auf der je nach Jahreszeit Sonnenblumen, Löwenmäulchen, Dahlien oder Kürbisse wachsen. Der „Super“-Kürbis in diesem Jahr wog übrigens 126 Kilogramm. Er hat am Tag 14 Zentimeter an Umfang zugenommen und ist ein Beispiel für die gute Pflege, die die Pflanzen im Gartenbau des Berufsförderungswerkes erhalten. Zierkürbisse waren auch in diesem Jahr ein gutes Geschäft, wobei die Rehabilitanden sich viel Mühe gaben, gruselige Gesichter in die Schale zu schnitzen.
Zurzeit werden in den Glashäusern 20000 Stiefmütterchen für den Verkauf im März gesät und pikiert. Während die großartigen rot oder weiß-rot erblühten Alpenveilchen im Verkauf so langsam auslaufen, sind die 2000 Weihnachtssterne schon fast vollständig aufgeblüht. Die Weihnachtssterne machen es den Gärtnern gar nicht so einfach. Sie sind Kurztagspflanzen. Das heißt, sie setzen Blüten an, wenn die Tage kürzer als zwölf Stunden sind. Damit sie also in den Wochen vor Weihnachten in aller roten oder weißen Pracht erblühen, muss ihr Standort künstlich stockdunkel gemacht werden. Sich auf die Natur verlassen, funktioniert hier nicht. „Nach Weihnachten verkaufen wir keinen einzigen Weihnachtsstern mehr“, sagt Helga Falkenberg.
Die viele Arbeit der BfW-Gärtnerei lohnt sich ganz offenkundig und so kann Karl-Heinz März voll Stolz verkünden: Die Bad Vilbeler schließen bei den Prüfungen durch die Bank „besonders gut“ ab. (ZLP)