Interview mit Klaus Minkel, Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Vilbel, langjähriger Erster Stadtrat und Kämmerer in Bad Vilbel, Vorsitzender der CDU (ein Amt, das er am heutigen Donnerstag abgibt), Ex-Bundestagsabgeordneter sowie „Architekt“ von Dortelweil-West. Das Gespräch führte ZLP-Mitarbeiter Matthias Endres:
ZLP: Dortelweil-West wird auch oft „Minkel-Town“ genannt. Wie sieht Ihre Bilanz des wuchtigsten Neubaugebiet im Rhein-Main-Gebiet aus?
MINKEL: Die Bilanz ist durchwachsen, aber die Zufriedenheit überwiegt.
ZLP: Was trübt die Bilanz?
MINKEL:Die vielen Firmenpleiten haben den Stadtwerken unglaublich zu schaffen gemacht. Wir standen immer zwischen Baum und Borke, wir haben vermittelt zwischen den Käufern und den Firmen beziehungsweise Nachfolgefirmen.
ZLP: Sie haben sich also nicht nur Dank, sondern auch viel Ärger eingehandelt?
MINKEL: Verschiedentlich gab es ein unglaubliches Maß an Undankbarkeit – an erster Stelle nenne ich hier den Hauptnutzer des Baugebiets, Dr. Claus Fischer. Er hat durch dieses Baugebiet finanzielle Vorteile bekommen wie kein anderer Bürger dieser Stadt und nach zehn Jahren wollte er mit Zinsen einen Nachschlag von rund 90 Millionen Euro, der die Stadt ruiniert hätte.
ZLP: Bevor die ersten Wohnhäuser 1997 standen, standen schon der erste Kindergarten und die Grundschule. Waren Sie sich Ihrer Sache da so sicher?
MINKEL: Ohne diese Überzeugung hätte man das Projekt nie angehen dürfen. Die Stadt hat immerhin etwa 200 Millionen Mark in die Hand genommen, um dieses Baugebiet zu verwirklichen.
ZLP: In Frankfurt hat man fast zur gleichen Zeit das Projekt Riedberg gestartet. Dort ist die Infrastruktur noch ganz weit von Dortelweil-West-Maßstäben entfernt – Stichwörter: Schule, Kindergärten, Kulturforum, Brunnencenter. Woran liegt’s?
MINKEL: Wir hatten im Vergleich zu Frankfurt eine extrem kleine Mannschaft. Es gibt da eine ganz alte Regel: Ab einer gewissen Größe verwaltet sich jede Einheit selbst.
ZLP: Trotz aller Erfolge in der Infrastruktur, von denen nicht zuletzt die Neubürger profitierten, gab es da auch häufiger Zoff zwischen der Stadt und den Neubürgern. So zum Beispiel bei dem letztlich gescheiterten Plan, eine Tankstelle in Dortelweil-West zu errichten…
MINKEL: …das haben wir deshalb fallen lassen, weil Dr. Claus Fischer ein besseres Grundstück in Massenheim gefunden hatte. Das ist der einzige Grund; sonst wäre gebaut worden.
ZLP: Aber auch bei den später gebauten Eigentumswohnungen leisteten die dort bereits wohnenden Reihenhausbesitzer Widerstand, der dann letztlich erfolglos war.
MINKEL: Die Hauskäufer wussten das vorher und wollten hinterher das gegessene Brot nicht mehr bezahlen. Ergänzend möchte ich anmerken, dass uns vom Land Hessen 45 Wohneinheiten pro Hektar als Auflage für das Baugebiet mitgegeben wurden. Sonst hätten wir das Baugebiet nicht bekommen – und diese Quote lässt sich nur mit einem Geschosswohnungsanteil darstellen.
ZLP: Was wäre Ihr Wunsch für Dortelweil-West in zehn Jahren?
MINKEL: Dass es völlig unumstritten ist und seine Position als eine begehrte Wohnlage dieser Region festigt.
ZLP: Wie stark hat Sie persönlich dieses Mega-Projekt geschlaucht?
MINKEL: So ein Großprojekt kann man nur einmal im Leben stemmen. Ich hatte in dieser Zeit fünf Krebsoperationen und es ist vieles liegen geblieben. Ich habe jetzt knapp dreißig Jahre für die Stadt gearbeitet und bräuchte jetzt eigentlich noch 15 Jahre, um das alles zu verwirklichen, was ich für die Stadt vorhabe. Ich denke vor allem an die Krebsschere und an die Vilbeler Innenstadt, die ich nur noch zum Teil vorantreiben kann. Aber die 15 Jahre habe ich nicht mehr. Ich bin jetzt 60 Jahre alt und mein Vertrag läuft in zwei Jahren aus, so dass dies Herausforderungen für meine Nachfolger werden.