Paukenschlag beim KSV Klein-Karben: Die Fußballer verlassen zum Monatsende den Verein und gehen eigene Wege. Die Ursache liegt in der schwierigen Finanzierung der Abteilung. Selbstbewusst sind sie dennoch, denn ihr neuer Vereinsname ist ein Ausrufezeichen: FC Karben.
Karben. Es ist das große Jahr des Feierns für den Kultur- und Sportverein Klein-Karben. 125 Jahre alt ist der größte Sportverein der Stadt in diesem Jahr. Doch restlose Begeisterung will nicht recht aufkommen. Dass große Veränderungen auf den KSV zukommen, hatte Vorsitzender Jörg K. Wulf schon im vergangenen Jahr vorhergesagt.
Mit einem Paukenschlag sind diese nun ganz plötzlich da: Der KSV kickt seine 140 Mitglieder starke Seniorenfußballabteilung aus dem Verein – wenngleich das auf deren Wunsch hin geschieht. Ab der neuen Saison wollen die Fußballer unter eigener Fahne antreten. Zehn Leute haben dafür im März einen eigenen Verein gegründet, den Fußballclub FC Karben.
Vor allem finanzielle Gründe sind es, die die Fußballer aus dem Schoß des Muttervereins heraustreiben. Finanzielle „Altlasten aus früheren Zeiten“ machten das Arbeiten schwierig, sagt Jürgen Stoppany, FC-Gründungsvorsitzender und Trainer der zweiten Mannschaft. Dabei sah es im März noch nach einer Lösung aus: In einer Versammlung des KSV hatten dessen Mitglieder der Fußballabteilung 50 000 Euro alte Schulden erlassen. Das aber genügt wohl nicht.
Das Grundproblem liege tiefer, räumt KSV-Vorsitzender Wulf ein. Ein bald zwei Jahrzehnte alter Beschluss der Mitgliederversammlung verbiete es, Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen für den Spielbetrieb zu nutzen. „Alle Kosten müssen deshalb von den Sporttreibenden selbst aufgebracht werden.“
Das sei für die Fußballer ein immer größer werdendes Problem, da die Einnahmen aus dem Sponsoring seit Jahren zurückgingen. Ein „vernünftiger Haushalt“ habe sich so einfach nicht mehr aufstellen lassen, weiß Wulf. Nicht leichter wurde die Lage, da sportliche Erfolge fehlen: Bis zum Meister in der Hessenliga hatten es die Klein-Karbener vor 15 Jahren gebracht und hätten in die Regionalliga aufsteigen können, damals dritthöchste Liga im bundesdeutschen Fußball.
Doch aktuell steigt die erste Mannschaft gerade von der Fußball-Gruppenliga in die Kreisoberliga Friedberg ab. „Wir müssen halten, was wir haben“, skizziert FC-Chef Stoppany daher die sportlichen Ziele überaus vorsichtig. Der Verein müsse „erst mal die Füße auf der Erde behalten“.
Die Zeit drängt sehr
Zumal er unter Zeitdruck steht. Beirat und Ehrenrat des KSV haben dem Ausscheiden der Seniorenfußballer bereits zugestimmt. Nun muss der FC die Mannschaften für den Spielbetrieb ab August anmelden. Dazu sei man im Gespräch mit dem Fußballverband, sagt Jürgen Stoppany. „Ich gehe davon aus, dass wir alle Spielklassen mitnehmen.“
Da sich KSV und Fußballer ja einvernehmlich getrennt hätten, hofft er darauf, dass dies nur eine Formalie ist. Zwischen Verein und Fußballern bestehe keine Zwietracht, betonen beide Seiten. „Das Verhältnis ist in Ordnung“, sagt Jürgen Stoppany. Das bestätigen KSV-Chef Wulf und Fußball-Abteilungsleiter Frank Lindner: „Die Entscheidung ist nach umfangreichen Gesprächen zwischen der Abteilungsleitung und dem Vorstand einvernehmlich getroffen worden.“
Wie die Zusammenarbeit zwischen beiden Vereinen künftig läuft, sei noch im Gespräch. Denn die Jugendfußballabteilung mit ihren 250 Köpfen bleibt im KSV. „Wir wollen den jungen Spielern den Übergang in die zweite und erste Mannschaft natürlich ermöglichen“, sagt Jörg Wulf. Man wolle „sehr intensiv zusammenarbeiten“, bestätigt Stoppany. Der KSV-Chef geht davon aus, dass bis auf 30 oder 40 Mitglieder die übrigen Neumitglieder des FC zusätzlich ihre Mitgliedschaft im KSV behalten.
Der KSV verliert mit dem Seniorenfußball aber einen zentralen, traditionsreichen und Image bildenden Vereinsanteil. Selbst im Wappen steht der Fußball stellvertretend für den gesamten Sportbereich. „Der KSV kann sich noch einmal neu positionieren als Mehrspartenverein mit einem breiten Angebot“, kündigt Jörg Wulf an. Dies solle im kommenden Jahr auch „in die Bevölkerung hinein“ stärker bekannt gemacht werden.
Welche Folgen der Start des FC Karben für andere Vereine hat, ist unklar. In fast jedem Stadtteil wird Fußball gespielt, die Vereine buhlen um immer weniger Interessenten. Klein-Karben ist nächste Saison mit Petterweil und Aufsteiger KSG 1920 Groß-Karben in derselben Liga unterwegs. Mit der Namensgebung habe der FC Karben einen Anspruch formuliert, räumt Stoppany ein: „Wir wollen ein stadtteilunabhängigen Verein sein.“ (den)