Wie kann man so etwas tun? Wie ist es möglich, dass ein Mensch so viele andere mit in den Tod reißt? Sprachloses Entsetzen und Unverständnis, wohin man auch hört in diesen Tagen vor Palmsonntag über den Kopiloten der German-Wings-Maschine, der offenbar willentlich seinen Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine auf Kollisionskurs gebracht hat.
Unendliches Leid für die Familien und Angehörigen, die vergeblich am Flughafen gewartet hatten und voller Entsetzen die schlimme Nachricht überbracht bekamen.
Der plötzliche und so sinnlose Tod von 150 Menschen macht sprachlos, man mag nicht spekulieren, was den Mann getrieben hat. Irgendwann wird man vielleicht etwas mehr wissen. Während ich diese Zeilen schreibe, geht mir die Frage durch den Kopf: Wie soll man angesichts dessen eine Osterbotschaft schreiben? Gewiss es ist schwierig. Ich mag nicht einfach über den Schmerz der Familien hinweg gehen, die nun nach Erklärungen suchen, in Trauer um ihre Lieben versunken sind und sich der bitteren Wahrheit stellen müssen, sie kommen nicht mehr wieder, die Tochter oder der Bruder, die Eltern oder Freunde… Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man da Schutz braucht, keine klugen Ratschläge, sondern Stille und einen geborgenen Raum, in dem man die Trauer aussprechen, loslassen kann. In der Bibel gibt es eine Geschichte, wie eine der Jüngerinnen Jesu genau so, traurig und voller Gram, ans Grab Jesu kommt, und sich in ein Gespräch verwickeln lässt. Ganz behutsam wird sie zum Sprechen ermutigt, lässt ihre ganze Hoffnungslosigkeit hervorquellen, die ihr auf der Seele liegt. Ostern beginnt mitten im Dunkel der Trauer und Hoffnungslosigkeit.
Der Auferstandene lässt Maria Zeit. Sie erkennt ihn lange nicht, ist ganz bei sich, beschäftigt mit den zerbrochenen Hoffnungen und langsam, Zug um Zug kommt er ihr nahe, streut neue Hoffnung aus, gibt ihr Kraft für etwas Neues. Leben nach dem Abschied von dem Gekreuzigten – den sie irgendwann in dem Gespräch als den lebendigen Auferstandenen erkennt. „Maria!“ als sie ihren Namen hört, kann sie sich lösen aus ihrer Trauer. Entdeckt das Leben, das über den Tod hinaus reicht, findet neue Kraft.
Nichts ist mehr wie früher. Alles ist anders. Aber neue Kraft durchströmt sie. Kraft zum neuen Aufbruch im Namen des Auferstandenen. Die will uns auch heute noch bewegen und stärken – gerade da wo alles zu Ende ist, wo unsere Erklärungen zusammenbrechen und nichts austragen, wo mit rationalem Verstand nichts auszurichten ist. Nicht alle können das glauben. Auch unter den Jüngern gab es Skeptiker wie Thomas. Aber die sich drauf einlassen, entdecken eine Quelle großer Kraft gegen alle Verzweiflung, gegen alle Angst vor dem Tod.
Die Fragen nach dem Warum ihres Leidens sind damit nicht geklärt. Darauf gibt es selten wirkliche Antworten. Der Schmerz ist auch nicht weg. Aber der Glaube an den Auferstandenen hilft. Mitten in unserer oft todbringenden Welt voller unerklärlicher Gewalt.
Konrad Schulz
Pfarrer für Ökumene
ev. Dekanat Wetterau