Während andere reden und räsonieren, bleibt die Stadtregierung tätig, um Bad Vilbel weiter zu verschönern und die Innenstadt noch stärker zu beleben. „Die Stadt Bad Vilbel übt das Vorkaufsrecht am Woolworth-Grundstück zu Gesamtpreis von 1.950.000 Euro, zuzüglich Nebenkosten, aus. Der Eigenbetrieb soll nach seinen satzungsmäßigen Aufgaben als Entwicklungsträger fungieren und das Grundstück halten, sanieren und vermieten. Der 1. Nachtrag zur Satzung von 1995 bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts wird beschlossen“, so lautete der Beschlussvorschlag für Magistrat, Haupt- und Finanzausschuss und die Stadtverordnetenversammlung, die sich im Februar mit dem Thema befasst.
Bad Vilbel. Richten sollen das Projekt die Stadtwerke. In enger Abstimmung mit Bürgermeister Thomas Stöhr sowie den beiden Fraktionsvorsitzenden Irene Utter (CDU) und Jörg-Uwe Hahn (FDP) sind daher folgerichtig die Stadtwerke auserkoren worden, als Entwicklungsträger bei der Stadtsanierung zu fungieren. Nach dem Bereich von Schmiedgasse bis zur Alten Mühle und der Neuen Mitte ist nun der Eingangsbereich der Innenstadt strategisches Ziel der Stadtentwicklung.
„Die Stadt kann sich glücklich schätzen, dass gegen vielfältigen Widerstand und teils sogar Schmähkritik aus den Reihen von SPD und Grünen seit rund 20 Jahren zielstrebig der Immobilienbetrieb aufgebaut worden ist. Dadurch hat die Stadt im Gegensatz zu vielen anderen Städten die Kompetenz, die finanzielle Kraft und organisatorische Schlagkraft, auch anspruchsvolle Bauaufgaben in eigener Regie zu bewältigen“, betont Klaus Minkel, Stadtrat und 1. Werkleiter.
Mit Kaufvertrag vom 5. Dezember 2014, der Stadt Bad Vilbel zugeleitet am 5. Januar 2015, hat die Firma Promontaria mit Sitz in Baarn, Niederlande, das Woolworth-Grundstück an die Stratos Zweite GmbH in Bad Kreuznach zum Preis von 1.950.000 Euro veräußert. Zum Woolworth-Grundstück gehören das Areal Frankfurter Straße 124 mit insgesamt 2.264 m², sowie der Woolworth-Parkplatz mit 1269 und 231 m², also zusammen 1.500 m². Das Erdgeschoss ist an Woolworth vermietet, aber das Obergeschoss steht leer.
Bereits im Jahr 2013 wurde untersucht, ob dort die dringend benötigte Tagespsychiatrie für das Gesundheitszentrum Wetterau untergebracht werden könne. Dort sind leichte Fälle zu behandeln, zum Beispiel überlastete Mütter, ausgebrannte Arbeitnehmer oder Schüler und Studenten mit Problemen. Es existiert hierzu ein erster Entwurf. Die Herstellungskosten wurden auf 1,7 Millionen Euro beziffert. Darüber hinaus bestehe jedoch generell ein Sanierungsrückstand an dem Gebäude.
Bereits im Jahr 1995 habe die Stadt Bad Vilbel eine Satzung zur Ausübung des Vorkaufsrecht beschlossen, wovon seinerzeit im Falle eines kleinen Grundstücks Gebrauch gemacht wurde (Hähnchenbraterei). Das Woolworth-Grundstück ist insbesondere in Richtung Kasseler Straße ein Schandfleck. Aber auch das Nachbargrundstück zur Kasseler Straße gibt ein schlechtes Bild ab. Das ist den Stadtvätern, die erfolgreich die Innenstadtsanierung vorangetrieben haben, seit langem ein Dorn im Auge. Im Rahmen der einfachen Stadterneuerung wurde ein Sanierungsschwerpunkt von der Schmiedsgasse bis zur Alten Mühle gesetzt, weil dort die Missstände unerträglich waren und vor allem die Hinterlassenschaften der Brunnenindustrie das Stadtzentrum verunstalteten. In der Folge wurden sämtliche Grundstücke zwischen Schmiedsgasse und Frankfurter Straße neu gestaltet sowie das Umfeld des Alten Rathauses.
An zwei Stellen wurde die Stadt besonders aktiv: 1985 beim Ankauf der Alten Mühle als damals größtes Innenstadtgrundstück, eingeleitet durch den damaligen Ersten Stadtrat Klaus Minkel und unterstützt durch Ehrenstadtrat Helmut Lehr (SPD) sowie beim Ankauf der Gloria-Quelle, betrieben ebenfalls durch den damaligen Ersten Stadtrat Minkel, das dann mit Mehrerlös an einen Bauträger weiterveräußert wurde.
Darüber hinaus wurden über Jahrzehnte die Grundstücke für die Neue Mitte zusammengebracht, verstärkt von 2006 bis 2009, mit dem bekannten Endergebnis, der Neuen Mitte.
Neben den genannten Schwerpunkten ist der Eingangsbereich zur Frankfurter Straße der wichtigste Sanierungsschwerpunkt der Stadt. Das Eingreifen der Stadt sei nötig, weil nur so mittel- und langfristig die Bodenordnung und die Sanierung vorangetrieben werden können, ist man im Rathaus überzeugt. Als Sanierungsträger soll der Eigenbetrieb der Stadtwerke fungieren.
Das Obergeschoss soll bevorzugt dem Gesundheitszentrum angeboten werden.
Darüber hinaus soll ausgelotet werden, ob durch leichte Dachaufbauten auch Platz für Facharztpraxen des Gesundheitszentrums entstehen können, damit das Angebot in der Stadt weiter verbessert und abgerundet wird, insbesondere soweit Lücken bestehen.
Zu diesem Zeitpunkt könne nur ein erstes Meinungsbild bestehen, ist aus dem Rathaus auf Anfrage zu vernehmen. Wegen der Zwei-Monats-Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts sei jedoch eine Entscheidung unumgänglich. Wenn jetzt nicht zugegriffen würde, gehe der Stadt das wichtigste Grundstück in diesem Bereich verloren. Und das wolle man verhindern. „Insgesamt überwiegen die Chancen die Risiken, zumal das extrem niedrige Zinsniveau die Finanzierung erleichtert“, gibt Klaus Minkel, 1. Werkleiter, zu bedenken. Das Projekt soll sich nach Minkels Vorstellungen selbst aus den Mieteinnahmen finanzieren. (sam)