Da fehlt nur noch die venezianische Gondel: Bekommt der Ortsteil Büdesheim durch die Schaffung eines Neubaugebietes am Bahndamm tatsächlich eine neue Attraktion, wie dies dem Schönecker Städteplaner Karl-Heinz Groll vorschwebt? Oder bleibt es bei einer Vision, die so manch einer belächelt?
Schöneck. Der 69-jährige Architekt und Städteplaner Karl-Heinz Groll ist guten Mutes. „Alle, denen ich mein Projekt auf dieser Wiese in Schöneck vorgestellt habe, sind begeistert. Diese positive Einstellung zu dem Vorhaben muss jetzt nur noch von den Behörden geteilt werden“, sagt er zuversichtlich.
Seit etwa einem halben Jahr beschäftigt sich Groll, der erst vor knapp drei Jahren von Frankfurt nach Büdesheim gezogen ist, mit seinem neuesten Projekt. Auf die Idee, ein neues Wohngebiet und damit neuen Wohnraum in Schöneck zu schaffen, ist Groll angesichts der großen Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum im Rhein-Main-Gebiet gekommen.
Wie japanischer Garten
„Und was liegt da näher, als die zurzeit ungenutzte Fläche zwischen Bahndamm und Kilianstädter Straße in unmittelbarer Nähe der Nidder mit einer Planung für Wohnbebauung zu überziehen?“, argumentiert Groll, der in der Vergangenheit schon in Frankfurt und in Bad Vilbel mit mehreren Alternativvorschlägen zur innerstädtischen Bebauung an die Öffentlichkeit getreten war. In Bad Vilbel präsentierte er einen Gegenentwurf zur inzwischen errichteten Mediathek-Brücke, einer Bibliothek im Kurpark.
Auch für Schöneck hat Groll nun etwas Ungewöhnliches in petto, nämlich ein Wohngebiet, bestehend aus 17 Wohneinheiten auf Stelzen, ein träumerisches Klein-Venedig. „Dass die vorgesehene Fläche im regionalen Flächennutzungsplan als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen ist, habe ich in meine Planung mit einbezogen“, so Groll. Er will deshalb die Häuser einen Meter über Straßenniveau errichten, das gesamte Umfeld aber der Höhe der Nidder angleichen. Damit soll erreicht werden, dass das Wohngebiet in einer Art Seenlandschaft entsteht, ähnlich den japanischen Rosengärten. Zweigeschossig sollen die Häuser sein und in Passivbauweise jeweils auf einer Fläche von 14 mal 14 Metern entstehen.
Noch habe er keinen Investor für seine Pläne gefunden, doch das beunruhigt ihn nicht. Erst will er den „Behördenkram“ erledigen, und der nimmt ihn derzeit ganz schön in Anspruch. So war er mit seinen Plänen zunächst im Schönecker Rathaus. „Herr Groll hat mir sein Konzept im Herbst vorgelegt“, berichtet Bürgermeisterin Conny Rück (SPD). „Prinzipiell finde ich es wunderbar, wenn Bürger gute Ideen haben. Aber die Pläne sind so nicht umsetzbar.“
Im Großen und Ganzen fände sie die Idee interessant, sagt Rück – „etwas Besonderes wird ja immer nachgefragt. Aber es gibt viele Wünsche, die nicht so einfach umsetzbar sind – da muss man auch realistisch bleiben.“
Der Schönecker Bauamtsleiter Günter Rauch bestätigt Rücks negative Einschätzung: „Groll plant im Überschwemmungsgebiet und wird deshalb nie eine Genehmigung dafür erhalten“, erklärt er.
Persönlich überreden
Mit dieser Meinung befindet sich Rauch in Übereinstimmung mit der Unteren Wasserschutzbehörde des Landkreises. Die hat Groll bereits im November mitgeteilt, dass sie für sein Projekt „aus wasserrechtlicher Sicht kaum zu überwindende Hürden sehe“ – eine glatte Ablehnung des ambitionierten Projekts.
Neben der Erstellung eines Bebauungsplans, gegen den der Regionalverband Frankfurt/Rhein Main sofort Einwände erheben werde, weil der Regionale Flächennutzungsplan an dieser Stelle keine Wohnbebauung vorsieht, müsste auch die Obere Wasserschutzbehörde eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Dafür aber lägen die Voraussetzungen nicht vor, so die Untere Wasserschutzbehörde in einem Schreiben an Groll vom 20. November.
Doch dererlei Auskünfte können Groll nicht verzagen. Ganz im Gegenteil, sie stacheln ihn zu immer mehr Engagement an.
So will Karl-Heinz Groll jetzt persönlich zu den Behörden gehen und seine Pläne vorstellen. „Ich greife nicht in die Natur ein, zerstöre keine Landschaften, sondern will nur dringend benötigten Wohnraum schaffen. Das muss man doch bei den Behörden einsehen“, argumentiert er leidenschaftlich. Es gebe mehrere Gebäude im Ort, die deutlich tiefer lägen, wie etwa der Kindergarten Löwenzahn, und auch da sehen die Behörden keine Gefahr.
Mit den Eigentümern der Grundstücke habe er jedenfalls bereits gesprochen, und die seien alle einverstanden. Kein Wunder, würde doch der Wert ihrer Wiesen-Grundstücke von momentan 2,20 Euro pro Quadratmeter auf 310 Euro nach Umwandlung in Bauland steigen.