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Im zweiten Anlauf

Die Hände gehen bei der Koalition hoch, bei der Opposition blieben sie jedoch unten: Damit ist die Straßenbeitragssatzung aber dennoch beschlossene Sache. Fotos: Kopp
Die Hände gehen bei der Koalition hoch, bei der Opposition blieben sie jedoch unten: Damit ist die Straßenbeitragssatzung aber dennoch beschlossene Sache. Fotos: Kopp

Bad Vilbel hat eine Straßenbeitragssatzung! Oder doch nicht? Denn während die CDU und FDP das nachgebesserte Modell der Einmalzahlungen nun abgesegnet haben, bleiben Bedenken an der Rechtsverträglichkeit dieses Konstrukts. Und die kann selbst Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) nicht ausräumen.

Bad Vilbel. Nach gut 70 Minuten gibt es ein Aufatmen bei CDU und FDP: Anders als bei der Stadtparlaments-Sitzung im Monat September schert diesmal keiner aus (damals war es Raimo Biere, FDP). Die Straßenbeitragssatzung ist damit vorerst durch, in der Form, wie sie von einer Arbeitsgruppe mit Rathauschef Stöhr, der CDU-Fraktionschefin Irene Utter, Parteikollege Jens Völker, FDP-Fraktionschef Jörg-Uwe Hahn und dem FDP-Abweichler Raimo Biere ausgearbeitet wurde. Der Entwurf sieht unter anderem niedrigere prozentuale Beiträge für die Bürger und die Möglichkeit der Ratenzahlung über zehn Jahre vor.

Doch auch nachdem die Straßenbeitragssatzung in allen Ortsbeiräten und im Haupt- und Finanzausschuss kontrovers diskutiert wurde und zu meist engen Abstimmungen geführt hatte, blieb die Behandlung des Themas nicht ohne Paukenschläge. Den ersten inszenierte Martin Gecks (Freie Wähler), als er die wieder ins Leben gerufene Steuer mit der Todesstrafe eines Verurteilten verglich. Ob die durch Einzel- oder Dauerfeuer vollzogen würde, bliebe es am Ende dabei: „Tot ist tot!“

Ab durch die Wand

Dieser Vergleich erzürnte nicht nur Christian Kühl (SPD): „Mein lieber Mann! Das ist ja der Hammer!“, urteilte Kühl. Stadtverordnetenvorsteher Herbert Anders (CDU) bezeichnete den Beitrag von Gecks als „grenzwertig“. Gecks hingegen argumentierte damit, dass er die drastischen Worte nur gewählt habe, um darauf aufmerksam zu machen, dass bei erneut knappen Kassen wohl wieder „alternativlose“ Steuern eingeführt würden.

SPD-Fraktionsführer Walter Lochmann bezeichnete diese Aussagen als „bedenklich und fatal“. Anstatt das Feuer weiter zu schüren und „billigen Klamauk“ zu veranstalten, solle Gecks lieber konkrete Vorschläge zur Entlastung der Stadtkasse unterbreiten.

Lochmann bezog sich sodann auf Bürgermeister Stöhr, der als Beispiele für Einmalbeiträge die Städte Friedberg und Bad Nauheim angeführt hatte. „Dabei hat er wohl Rosbach, Nidda und Biblis vergessen, die sich für wiederkehrende Beiträge entschieden haben“, monierte Lochmann.

Daraufhin kehrte – trotz „deutlicher Sprache“ – Sachlichkeit in die Debatte ein. Grünen-Chef Manfred Kissing meinte, dass die Koalition mit dem Kopf durch die Wand wolle und forderte dazu auf, doch zuerst einmal mit Landrat Joachim Arnold (SPD) als Kommunalaufsicht zu sprechen, ob der Entwurf überhaupt eine Chance habe, genehmigt zu werden.

Jens Völker (CDU) zählte hingegen die Vorzüge des neuen Modells auf. So werde es für einen Anlieger einer überörtlichen Straße mit dem neuen Modell bereits nach 18 Jahren günstiger als mit den wiederkehrenden Beiträgen, in Anliegerstraßen seien es aber 39 Jahre. Im Schnitt müssten Straßen aber nur alle 50 Jahre saniert werden.

SPD-Vizesprecher Kühl entgegnete, dass ein Stadtgebiet (sieben davon hatte Ralph Mallmann von der Neuen Fraktion in einem eigenen Antrag für wiederkehrende Beiträge definiert) nur dann zur Kasse gebeten würde, wenn auch wirklich saniert werde. Anderenfalls falle hier weder ein zu erstellendes Kataster an, noch müsse auf Vorrat bezahlt werden. Auch Mallmann zweifelte daran, dass der Entwurf Rechtsgültigkeit erlangen könne, einige Teile widersprächen den Definitionen des Landes zu diesem Thema, etwa das Konzept der maximalen Ratenzahlung über zehn Jahre. Die versprochenen Minderbeiträge für die Bürger seien wohl ebenfalls kaum zu halten.

Mogelpackung

„Wir gehen grundsätzlich von einer Genehmigung aus“, sagte Rathauschef Stöhr und versuchte die Gemüter zu beruhigen. Doch weder Innenminister Peter Beuth (CDU) noch Landrat Arnold hatten grünes Licht gegeben. „So bleibt Bad Vilbel nur der Klageweg“, konstatierte Mallmann.

Für Trubel sorgte Andreas Cleve (CDU), der während seiner Rede eine Pappkiste mit der Aufschrift „Mogelpackung der SPD“ auf das Rednerpult stellte. „Wenn es nach der SPD geht, bekommen wir eine Zwangsabgabe für alle die Eigentum haben. Auch zum Beispiel Senioren, Arbeitslose und junge Familien, für die 150,- oder 200,- im Jahr sehr viel Geld sind. Und das obwohl ihre Straße in den nächsten Jahrzenten nicht grundhaft saniert wird. Ich denke nur an die Erhöhung der Grundsteuer B vor zwei Jahren. Da haben sie alle mit Bauchschmerzen zugestimmt. Die Beträge waren lang nicht so hoch, wie das, was sie jetzt wollen. Und das unter dem Deckmantel der SPD-Solidarität.“ Zu dem Thema Mogelpackung und Solidarität sagte Cleve: „Das hätte sogar dem Rattenfänger von Hameln alle Ehre gemacht. Mit Emotionen, bewussten Falschaussagen und mit dem Begriff Solidarität werden Bad Vilbeler Bürger hier von der SPD in die Irre geführt.

Klaus Arabin brachte die Meinung der SPD auf den Punkt: „Sollten wir die Straßenbeitragssatzung in wenigen Jahren wieder abschaffen können, haben die verloren, die bezahlt haben. Das ist bei wiederkehrenden Gebühren kein Problem.“ Davon allerdings ließ sich kein Mitglied der CDU und FDP mehr überzeugen. (kop/zlp)