Stillstand in Bad Vilbel! Weil es am Dienstag vergangener Woche wegen der Enthaltung des FDP-Abgeordneten Raimo Biere zu einem Patt beim Thema Straßenbeitragssatzung im Bad Vilbeler Parlament kam, ist jetzt Eile geboten. Denn Bad Vilbel bleibt handlungsunfähig, einen genehmigten Haushalt wird es ohne diese Satzung nicht geben.
Bad Vilbel. Die Dramaturgie ist nahezu perfekt: Um 21.47 Uhr betritt die SPD-Abgeordnete Isil Yönter – die eigentlich aus beruflichen Gründen ihre Teilnahme abgesagt hatte – den Plenarsaal im Dortelweiler Sport- und Kulturforum. Sechs Minuten später folgt nach rund anderthalb Stunden Diskussion die Abstimmung, die mit Spannung in Bad Vilbel erwartet worden war. Und Isil Yönters „Nein“ stellt das Patt dar.
Denn ansonsten wäre die Enthaltung des FDP-Abgeordneten Raimo Biere ohne Folgen geblieben, die Fraktion aus CDU und FDP hätte mit 22:21 Stimmen den Erfolg davongetragen, die einmaligen Straßenbeiträge, die Anwohner von sanierungsbedürftigen Straßen einmalig, aber kräftig zur Kasse bittet, wäre nach ihrer Abschaffung im Jahre 2008 erneut in Bad Vilbel Realität geworden.
Intensiv, aber diesmal nicht so lautstark und beleidigend, geht die Debatte zuvor über die Bühne. Gebetsmühlenartig wiederholen die beiden Lager ihre Argumente zu einmaligen und wiederkehrenden Gebühren, die alle Grundbesitzer in Bad Vilbel regelmäßig mit kleineren Beiträgen treffen.
Einig hingegen waren sich alle, dass ohne Satzung Bad Vilbel in der Schockstarre eines nicht genehmigten Haushaltes verbleibt. Alle außer Martin Gecks von den Freien Wählern. Der hatte bereits zuvor in einer Pressemitteilung zu einer Demonstration vor dem Rathaus aufgerufen.
Stöhr führte Gecks auch die Folgen seiner Verweigerungshaltung auf. „Ohne Haushalt wird es für Bad Vilbel und seine Bürger erst richtig teuer. Wir können nichts sanieren, das es nötig hätte. Wir können keine neuen Erzieherinnen anstellen, obwohl diese notwendig werden.“
Bleibt also die Frage des Modells. Hier warfen Walter Lochmann und Christian Kühl (beide SPD) den Christdemokraten vor, die Bürger zu misstrauisch zu beäugen, ihnen Egoismus zu unterstellen. Denn Andreas Cleve (CDU) hatte vorher eine Reihe von Argumenten für das einmalige Modell aufgezählt. Darunter aber auch, dass Bürger, die viele Jahre eingezahlt hätten, Ansprüche für Reparaturen anmelden würden, obwohl diese noch gar nicht nötig seien. Nicht sozial sei das wiederkehrende Modell, weil junge Familien, die gerade erst in einem der Neubaugebiete viel Geld bezahlt hätten, dann erneut zur Kasse gebeten würden. Hier gebe es auch keine Stundungsmöglichkeit oder eine Ratenzahlung. Und schließlich würden die verschiedenen Stadtteile auch in unterschiedlicher Höhe zur Kasse gebeten.
Historische Chance?
Einen Solidargedanken in dieser Argumentation konnte Kühl hingegen nicht erkennen, stattdessen würden die Bürger von der CDU pauschal verurteilt. „Der Magistrat hat mit diesem Modell die falsche Wahl getroffen“, zieht Kühl sein Fazit. Vor allem junge Familien und alte Menschen würden durch die Einmalzahlungen in arge Bedrängnis gebracht. Und auch Tilgungszeiträume von fünf Jahren seien bei den zu erwartenden hohen Summen nicht hilfreich.
Die Diskussion hätte locker die Zwei-Stunden-Marke gesprengt, wenn Irene Utter (CDU) nicht den Abschluss der Rednerliste beantragt hätte. Bereits jetzt um 21.27 Uhr, gibt es Verwunderliches. Denn Jens Völker und Beatrice Schenk (beide CDU) stimmen dagegen. Doch ausgerechnet die Freien Wähler – Befürworter des parlamentarischen Austausches – mit Martin Gecks und Manfred Manthey stimmen für das Ende der Debatte, machen die erste faustdicke Überraschung zunichte. Sehr zum Ärger von Völker, der auch nach der Sitzung kein gutes Haar mehr an Gecks lassen will. Letztlich kommt es doch noch zur Überraschung. Weil Biere durchzieht und der CDU und FDP somit die entscheidende Stimme fehlt.