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Feierbiest oder Griesgram?

Der Bus ist gerade erst losgefahren: Sie hat den Sekt bereits in der Hand und schenkt die erste Runde aus! Auf der Wanderung durch den Taunus ist sein Lachen auch über 100 Meter zu hören!

„Peinliche Stille?“ – nicht mit ihr: Sie hat immer eine fröhliche Geschichte (oder er einen derben Witz) auf Lager… Es gibt Menschen, die strahlen Fröhlichkeit und Feierstimmung aus. Beneidenswert. Zumindest auf der einen Seite.

„Ob ihnen das Lachen auch mal vergeht?“ denke ich manchmal und mir fallen schwere und traurige Lebenssituationen ein. Bei der Fußball-WM vor wenigen Wochen lag beides dicht beieinander: Da war auf der einen Seite (fast) ein ganzes Volk im kollektiven Feiertaumel. Aber in den Halbzeitenpausen wurden wir eingeholt von schlimmen Nachrichten aus dem Nahen Osten oder aus der Ukraine. Und auch im eigenen Leben ist nicht immer alles auf Feiern ausgerichtet.

Viel schlimmer als das Feierbiest aber ist der Griesgram, der Feiermuffel. Ja, manche Menschen haben immer etwas auszusetzen, finden in jeder Suppe das berühmte Haar. „Kannst du dich eigentlich richtig freuen? Kannst du einfach mal loslassen und einfach feiern?“

In der Bibel wird die gesamte Bandbreite des Lebens ausgebreitet. Da beklagen Menschen vor Gott ganz schwere Schicksalsschläge. Da breiten andere aber ebenso ihre Freude vor Gott aus. Und das durchaus auch, wenn nicht alle Wegweiser in Richtung „Feiern“ weisen. Als Paulus die Menschen in Philippi gleich doppelt zur Freude auffordert, hat er gleichzeitig mit diversen Widrigkeiten zu kämpfen. Aber sein Leben ist geprägt von der dankbaren Grundhaltung einer gelassenen Fröhlichkeit. Glücklich ist, wer so lebt, wer so leben kann.

In Bad Vilbel beginnt an diesem Wochenende der Vilbeler Markt. Zeit zum Feiern, Zeit zum Abschalten. Für manche wird es beim Feiern hoch hinaus und sehr schnell im Kreis gehen. Anderen ist beim Feiern mehr das Miteinander mit Freunden im Festzelt wichtig. Für manche geht Feiern nicht ohne Alkohol (ganz schön arm eigentlich; auch wenn ich selbst auch mal gerne ein Glas Wein trinke…). Und die Musik. Und das Tanzen…

Für mich ist es immer wieder ein kleines Wunder, dass wir Menschen eine so große Bandbreite „Leben“ erfahren dürfen. Wir kennen beides: Himmelhochjauchzend und Zutodebtrübt. Beides gehört zu unserem Leben. Festzeiten wie der Vilbeler Markt sind Zeiten zum Auftanken. Ich freu mich drauf! Herzliche Grüße,

Pfarrer Dr. Klaus Neumeier,

Ev. Christuskirchengemeinde

Bad Vilbel