Nach der Renaturierung der Nidda werden die Menschen den Fluss intensiver nutzen können als bisher. Daran erinnert Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Er reagiert auf Kritik, dass die Natur zuviel Vorrang erhalte und die Kar- bener ausgesperrt würden.
Karben. Zählt hier die Natur mehr als die Menschen? Wird den Karbenern „ihr“ Fluss genommen – und nur noch ein weit vom Fluss weg gelegener Aussichtspunkt bleibt übrig? Es sind Horrorszenarien, die vor allem Karbens Freie Wähler malen. In einer Sitzung des Ortsbeirats Klein-Karben hatte Hansgeorg Jehner namens der Frankfurter Gerty-Strohm-Stiftung die Pläne für die Renaturierung des Flusses südlich von Klein-Karben vorgestellt. Dort soll die Natur Vorrang erhalten: Auf gut zwei Drittel der etwa einen Kilometer langen Flussstrecke zwischen den KSV-Sportplätzen und dem Dortelweiler Golfplatz wird der Fluss abgeschirmt, damit Tiere und Pflanzen dort ungestört leben können.
Dazu soll der Nidda-Radweg in diesem Bereich vom Fluss weggelegt werden. Zwischen ihm und der Nidda entsteht eine große Hochwasser-Überflutungsfläche, die nur beweidet wird. Diese Erläuterungen sorgten für Kritik der Freien Wähler (FW): Sie monieren, dass die Menschen ausgesperrt würden (die ZLP berichtete).
Zu 72 Prozent nutzbar
Richtig sauer reagiert Bürgermeister Guido Rahn (CDU) auf diese Kritik: „Das ist doch einfach falsch.“ Von Anfang an seien die beiden Renaturierungsprojekte – das der Strohm-Stiftung außerorts und das der Stadt zwischen ASB-Altenheim und KSV-Sportplätzen – aufeinander abgestimmt gewesen. „Und die Menschen erhalten insgesamt gesehen klar Vorrang.“
Gewässerökologe Gottfried Lehr aus Bad Vilbel, der die Planungen beider Projekte erarbeitet hat, kann das in Zahlen belegen: An 72 Prozent der beiden Renaturierungsstrecken werde die Nidda für die Bevölkerung zugänglich. Bloß auf 28 Prozent der Strecke müssten Menschen Abstand halten, und die Natur erhalte Vorrang.
So werde das städtische Renaturierungsprojekt den Menschen auf einer Länge von 1,5 km den Fluss zugänglich machen. Und selbst beim Projekt der Strohm-Stiftung würden an beiden Enden der Renaturierungsstrecke auf je 150 Metern Länge Zugänge für die Bevölkerung geschaffen. Somit bleiben gerade einmal außerorts rund 700 Meter unzugänglicher Fluss übrig.
Natur Raum geben
Doch selbst diesen Abschnitt könnten die Karbener weiter genießen, sagt der Bürgermeister: „Das östliche Ufer bleibt ja unberührt und ungehindert zugänglich.“
Ganz bewusst sei die Möglichkeit, den Fluss und die künftige Naturschönheit für die Freizeit zu nutzen, oberstes Ziel des städtischen Projekts gewesen, erläutert Planer Lehr. Das werde auch beim Stiftungs-Projekt berücksichtigt, obwohl dort die Priorität beim Vorrang für die Natur liege. „Man muss der Natur Raum geben“, mahnt Rahn. Für die Bevölkerung werde der Fluss mit der Renaturierung ja erst nutzbar, erinnert Lehr. Südlich von Klein-Karben ist sie derzeit nicht einmal mehr zu sehen: „Dort fahren sie auf dem Fahrrad an einer grünen Wand vorbei“, erinnert Lehr und versteht die Kritik an „seiner“ Renaturierung nicht: „Das machen wir doch extra für die Menschen.“ (den)