Karben. „Umgehungsstraße oder Hausverkauf“ – diese traurige, aber dennoch realistische Prognose für ihre Zukunft äußerten Renate und Herbert Schleicher bei der Trassenbegehung der Karbener CDU entlang der geplanten Groß-Karbener Nordumgehung. Schlaf sei für die Familie nicht mehr möglich, ein offenes Fenster würde den hohen Lärmpegel nur noch verstärken. „Seit Jahren verspricht man uns diese Nordumgehung. Unsere Lebensqualität leidet enorm unter dem hohen Verkehrsaufkommen und dem extremen Lärm“, erzählt das Ehepaar, das seit 27 Jahren Auf der Warte wohnt.
Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Mario Beck ist ein tatsächlicher Baubeginn für die Nordumgehung in gar nicht allzu weiter Ferne. „Die Finanzierung ist gesichert und die Planung geht voran“, erklärte Beck. Die Stadtverordnetenversammlung solle im Juli einen weiteren Beschluss fassen. Im September soll dann das Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, das den Bau in weitere Nähe rücken lassen könnte. Für die Union wie auch für die gesamte Koalition mit FWG und FDP sei die Nordumgehung das wichtigste Projekt des Stadtparlamentes, wie Beck versicherte. „Gerade auch Okarben könnte von der Umgehung profitieren. Wenn der so genannte Promilleweg vom Schleichverkehr nicht mehr genutzt werden kann, würde dies eine große Entlastung für die Bürger bedeuten, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende.
Für die gesamte Stadt könnten sich durch den Bau der Entlastungsstraßen neue Perspektiven entwickeln. „So könnte eine neue Gewerbefläche in der Nähe des Toom-Marktes entwickelt und damit die Einnahmebasis der Stadt verbessert werden“, sagte Mario Beck. Auch Oliver Feyl (FDP) stimmt dem Vorhaben zu: „Für uns ist die Nordumgehung nur mit dem Weiterbau der B3 sinnvoll.“
Groß-Karbens Ortsvorsteher Werner Gold (CDU) zeigte sich bei der Trassenbegehung ebenfalls solidarisch mit den Betroffenen. „Mir ist gehäuft zu Ohren gekommen, dass Anwohner der betroffenen Straßen mit Ohropax schlafen müssen und sogar krank werden. Das ist eine schlimme Sache.“ CDU-Parteichef Guido Rahn brachte den Spaziergängern einen Plan mit, der Straßen und Kreisel veranschaulichte, so dass sich die Menschen ein besseres Bild von der Nordumgehung machen konnten. „Wenn das Projekt wirklich klappen sollte, wäre das super“, lobte Herbert Kötter von der Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt!“. Für den Anwohner aus der Elisabethenstraße besteht eine Sorge darin, dass Klage gegen die Nordumgehung erhoben werden könnte. „Das würde den ganzen Prozess sehr langwierig gestalten“, befürchtet Kötter. Auch eine gute Zusammenarbeit mit dem BUND ist dem Wortführer der Bürgerinitiative wichtig.
Das Thema Umwelt liegt dem Gegner der Nordumgehung, Axel Kreutz, sehr stark am Herzen: „Die Natur würde unter dem Ausbau massiv leiden. Die Belastung für die Anwohner der neuen Trasse ist höher als derzeit für die Menschen in der Bahnhofstraße“, behauptete er und erntete prompt böse Blicke. Bei der Trassenbegehung wurde deutlich, dass jedes Lager stark die eigene Meinung vertritt. Alle waren sich jedoch einig, dass es nun in den Händen der Stadt liege, das Beste für die Karbener zu leisten. „Dass wir endlich wieder einmal nachts ein Auge zumachen können“, forderte Renate Schleicher.