Die Zukunft ist 100 Meter lang, 38 Meter breit, 20 Meter hoch: Dieses Format hat das neue Hochregallager der Kelterei Rapp’s in Karben. Für das Unternehmen ist der Bau der Schlüssel für künftige Expansionen.
Karben. Wenn Geschäftsführer Volker Thoma in der riesigen Halle steht, ist er jedes Mal aufs Neue beeindruckt. „So groß wie in einem Dom.“ Doch das Innere ist nicht leer, sondern Metallstreben durchziehen es vertikal, horizontal, quer.
Ein Gebäude mit diesen Ausmaßen bei einer solchen Höhe hat Karben bisher noch nicht gesehen. Das Hochregallager ist aus Westen und Osten her recht gut zu sehen. Im Lauf dieses Sommers soll das Lager in Betrieb gehen.
Fünf Millionen Euro nimmt die Kelterei für den Neubau in die Hand. Sie vergrößert dafür das Firmengelände von 30 000 auf 52 000 Quadratmeter. Und verdoppelt ihre Lagerkapazität nahezu: von 2,8 auf 5,2 Millionen Flaschen.
Das ist auch bitter nötig, leidet Rapp’s auf seinem Firmengelände am Selzerbrunnen doch unter Platznot. „Wir können so nicht mehr wirtschaftlich arbeiten“, sagt Thomas Geschäftsführungskollege Klaus-Dieter Kneip. Denn mit den diversen Expansionen ist es eng geworden: Erst schluckte Rapp’s die Hochstädter Kelterei Höhl, im vergangenen Jahr dann die pfälzische Marke Neu’s. Allein durch letztere erweiterte sich das Sortiment von 130 auf 180 Produkte.
Nur noch mit dem neuen Lager ließen diese sich sinnvoll unterbringen, sagt Kneip. „Wir brauchen das, um für die nächsten zehn Jahre gerüstet zu sein.“ Das merken die Kelterer in der Übergangsphase jetzt besonders: Weil eine der Lagerhallen bereits für die neue, vollautomatische Technik umgebaut werden müsse, muss Rapp’s massenhaft Ware andernorts lagern.
Gegen den Trend
Bis zu 16 Fahrten mit Lastzügen sind zu den Lagern in Hochstadt und bei der Mutterfirma Hassia in Bad Vilbel nötig. „Das kostet richtig viel Geld“, seufzt Klaus-Dieter Kneip – und dürfte in diesem Jahr den Gewinn weitgehend aufzehren, der im vergangenen Jahr noch an die Hassia floss.
Über genaue Zahlen schweigt das Unternehmen aber. Läuft die neue Anlage, dürften die Zahlen 2015 wieder besser ausfallen. Dabei hält sich Rapp’s im Markt offenkundig hervorragend. 35 Millionen Liter Fruchtsäfte und Apfelweine setzte das Unternehmen 2013 ab.
Durch die Übernahme von Neu’s sprang der Absatz um 15 Prozent nach oben. Um diesen Effekt bereinigt, habe Rapp’s bei Fruchtsäften „ein kleines Plus“ hingekriegt, erläutert Volker Thoma. Das ist keine Selbstverständlichkeit: „Der Fruchtsaftkonsum in Deutschland ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich zurückgegangen“, erinnert der Rapp’s-Chef.
Der Trend gehe zu leichten Getränken wie Schorlen. Diesen Weg gehen die Karbener mit, ohne ihre Herkunft zu ignorieren: Mit hoher Qualität – Verzicht auf Farb- und Konservierungsstoffe sowie weitgehend auf Zuckerzusätze – halten sie den Fruchtsaftabsatz konstant.
Die Glaubwürdigkeit der Marke hilft auch neuen Mix-Produkten. Dieser Tage kommen zwei Sorten Fruchtbrause auf den Markt, Cranberry und Rhabarber. Und ein Rhabarbernektar ersetzt den Apfel-Rhabarber-Saft, sagt Thoma. Rhabarbersaftschorlen sind in der Szene-Gastronomie der letzte Schrei.
Beim Apfelwein-Absatz hingegen ging es bei Rapp’s 2013 leicht bergab. Das erklären die Kelterer allein mit dem Wetter. Ist es heiß, zischt Ebbelwoi am besten – und das war nur wenige Woche lang der Fall.
Daher hat sich der Stöffche-Absatz in diesem Frühjahr dank der warmen Tagen schon hervorragend entwickelt. „Mit zweistelligen Zuwachsraten“, freut’s Kneip.
Lieferhof vergrößern
Selbst Nicht-Apfelweintrinker könne man immer stärker fürs hessische Nationalgetränk begeistern: Vor allem mit dem Rosé-Apfelwein der Marke Höhl, seit Einführung vor einigen Jahren einer der zentralen Absatztreiber. Aktuell probiert sich Rapp’s mit einem alkoholfreien Apfelwein. Ist das Regallager fertig, soll der Umbau bei Rapp’s gleich weitergehen. Dann will das Unternehmen den Lieferhof vergrößern. Er soll um 250 Quadratmeter nach Norden wachsen.
Zum Zweiten soll das Verwaltungsgebäude bis Jahresende einen Anbau erhalten. Denn die Mitarbeiterzahl steigt von 71 auf etwas über 80 bis Ende 2014. Das passiert auch, weil – zum Dritten – Ende des Jahres die für Fruchtsäfte speziell geeignete PET-Anlage von Hassia in Bad Vilbel für zwei Millionen Euro nach Karben verlagert wird.
Während die Mehrwegabfüllung im Zwei-Schicht-Betrieb annähernd ausgelastet sei, könne Rapp’s die neue Plastikabfüllung jedoch nicht alleine auslasten. Deshalb will die Kelterei die Abfüllung auch für andere Produzenten anbieten.
Dafür gebe es einen Markt, weiß Klaus-Dieter Kneip. „Wir haben schon Anfragen.“ Dazu gehören Keltereien und ein Hersteller von Sektgetränken. Andere Anlagen dieser Art gehörten den ganz großen Produzenten – und für die lohne es sich meist nicht, Kleinmengen von ein paar hunderttausend Flaschen für Dritte abzufüllen.
Die neue Anlage sehen die Karbener als wichtige Investition in die Zukunft. Nur bei Plastik sei noch Wachstum zu schaffen:. „In Mehrweg gibt es kein Potenzial“, erläutert Klaus-Dieter Kneip.
Denn der Handel forciere den Verkauf in Plastik-Einweg und die Kunden griffen immer stärker danach. Viele Anbieter hätten sich deshalb „schon verabschiedet“.
Das verantworten auch die Kunden – trotz aller Beteuerungen, ökologisch sinnvoll einkaufen zu wollen: „Alle wünschen sich supertolle Produkte, aber ab 15 Prozent Mehrpreis zählt dann nur noch der Preis“, sagt Volker Thoma. Daher mische Rapp’s auch im Massen-Billigsegment gar nicht erst mit. „Das ist mit hochwertigen Produkten unmöglich“, findet Kollege Kneip.
Der Nachfrage nach Saft in Plastik-Einweg aber müsse man dennoch nachkommen. Mehrweg lasse sich bundesweit überhaupt nur noch in Hessen verkaufen. Diesem Wandel zu folgen, zahlt sich für die Karbener offenkundig aus: In Hessen ist Rapp’s seit 2013 vor Eckes-Granini Marktführer bei den Fruchtsäften. (den)