Einblicke in Leben und künstlerisches Schaffen von Mascha Kaléko wurden den über 50 Zuhörern bei einer Matinee im Haus der Begegnung präsentiert. Die jüdische Dichterin – sie wurde der „weibliche Kästner“ genannt – feierte ihre größten Erfolge am Ende der Weimarer Republik.
Bad Vilbel. Gisela Pabel-Rüger aus dem Frankfurter Stadtteil Nieder-Erlenbach stellte Gedichte und Chansons der jüdischen Künstlerin unter dem Schwerpunkt „Vom Lieben und Lassen“ vor; Renate Brinkmann steuerte biografische Notizen bei und Michael Vardopolous begleitete bei den Chansons am Klavier.
Sie beschäftige sich seit vielen Jahren mit Mascha Kaléko. „Ich bin begeistert von ihr und ihren Gedichten, und es ist mir eine Herzensangelegenheit, diese vorzustellen“, sagte Pabel-Rüger, pensionierte Lehrerin. Mascha Kaléko wurde am 7. Juni 1907 in Westgalizien im heutigen Polen geboren, die Mutter war Österreicherin, der Vater Russe. Als sie sieben Jahre alt war, floh die jüdische Familie vor Pogromen nach Deutschland. Dort lebte sie in Frankfurt, Marburg und Berlin.
Mit leiser Ironie blickt Kaléko auf ihr eigenes Leben. Im „Interview mit mir selbst“ schrieb sie: „Mein meistgesprochenes Wort als Kind war Nein. Ich war kein einwandfreies Mutterglück. Und denke ich an jene Zeit zurück: Ich möchte nicht mein Kind gewesen sein.“ Und weiter: „Acht Stunden bin ich dienstlich angestellt und tue eine schlechtbezahlte Pflicht. Am Abend schreib ich manchmal ein Gedicht“.
Kontakt zu Künstlern
In Berlin habe sie Kontakt zur künstlerischen Avantgarde bekommen und im „Berliner Tageblatt“ habe sie wöchentlich ihre Gedichte veröffentlichen können, informiert Brinkmann. In ihren Gedichten greift Kaléko Alltägliches auf, doch auch große Gefühle wie Liebe und Abschied sowie der Verlust von Heimat spielen darin eine Rolle.
Sie erzählt von der Liebe in Zeiten von „Münzfernsprechern“ und des Briefeschreibens via „Reichspost“, schreibt über Reisebekanntschaften, über Eifersucht und über die Rivalität zwischen Frauen. Ausdrucksstark präsentierte Pabel-Rüger bei der Matinee in Bad Vilbel die Gedichte und sang mit viel Einfühlungsvermögen Kalékos Chansons.
Zweimal verheiratet
Die Künstlerin war zweimal verheiratet und lebte ab 1938 in den USA, später in Jerusalem. Mascha Kaléko starb am 21. Januar 1975 in Zürich. Sie habe für jeden Anlass ein Gedicht geschrieben, sagte Pabel-Rüger. In „Für Einen“ heißt es: „Die andern sind das weite Meer. Du aber bist der Hafen. So glaube mir: Kannst ruhig schlafen. Ich steure immer wieder her. Denn all die Stürme, die mich trafen, sie ließen meine Segel leer. Die andern sind das bunte Meer, du aber bist der Hafen. Du bist der Leuchtturm. Letztes Ziel. Kannst, Liebster, ruhig schlafen“. An den Gedichten von Kaléko gefalle ihr, dass auch den heiteren etwas Melancholisches innewohne, sagte eine Besucherin.