Einen deutlichen Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen erwartet die Stadt Bad Vilbel, und zwar so stark, dass die Aufsichtsbehörden eine Straßenbeitragssatzung fordern. Ein kleiner Trost: Die erwarteten Quellenparkmillionen retten zumindest den Finanzhaushalt.
Bad Vilbel. Mit der Vorentscheidung im Haupt- und Finanzausschuss am Donnerstag, Wohnbaugrundstücke im Quellenpark an solide und solvente Bauträger zu verkaufen, ist der eine Teil des zweigeteilten Haushalts, der Finanzhaushalt, gut aufgestellt. Gut 50 Millionen Euro wird die Stadt wohl einnehmen, von denen aber noch Erschließungskosten abgehen und die Alteigentümer ausgezahlt werden. Dennoch ist der Verkauf für die Stadtkasse und Stadtentwicklung eine immense Einnahme. „Damit sind alle Bedenken, der Finanzhaushalt 2014 könne angesichts des weggebrochenen China-Geschäfts in eine Schieflage geraten, ausgeräumt“, freut sich Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU).
12,5 Mio. Euro weniger
Anders verhält es sich hingegen im zweiten Teil des Haushalts, dem Ergebnishaushalt. Ein Hauptgrund für das Defizit sind die deutlich gestiegenen Kosten für Kinderbetreuung, weil Eltern und Kommunen bei der Finanzierung von höheren Ebenen weitgehend allein gelassen werden, argumentiert Stöhr. Allein in Bad Vilbel beliefen sich die Kosten im Bereich der Kindergärten und Krabbelstuben, nach Abzug der Zuschüsse und der Elternbeiträge auf sage und schreibe 7,7 Millionen Euro pro Jahr.
Auch die Kreis- und Schulumlage sei deutlich angestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr muss Bad Vilbel rund 500 000 Euro mehr und damit über 22,4 Millionen Euro jährlich an den Kreis abführen.
Neben massiv gestiegenen Ausgaben fallen deutlich gesunkene Gewerbesteuereinnahmen ins Gewicht. Konnte die Quellenstadt 2011 hier noch 26,5 Millionen Euro verbuchen, so weist der Ansatz für 2014 nur noch rund 14 Millionen Euro aus. Innerhalb von drei Jahren ein dramatischer Einbruch um satte 12,5 Millionen Euro! Und damit nicht genug, erreichte die Stadt jetzt eine weitere Hiobsbotschaft: Ein bedeutender Gewerbesteuerzahler hat die Senkung seiner Vorauszahlungen für 2012 bis 2014 beantragt. Allein hier ist ein Ausfall von 3,7 Millionen Euro zu erwarten. Es könnte sich dabei um die Firma Stada handeln, weil das Bad Vilbeler Unternehmen vor seiner Bilanzvorstellung angekündigt hatte, dass wegen der Krimkrise mit Einbußen zu rechnen sei. Kurzfristig werden der Stadt durch Steuerrückzahlungen sogar 2,6 Millionen Euro entzogen. Auch für Stöhr ein Schock: „Diese Entwicklung konnte niemand voraussagen. Die Firmenzahlen treffen uns deutlich“, sagte der Rathauschef, der eine sofortige Haushaltssperre angeordnet hat und damit ab sofort jeden Cent auf den Prüfstand stellt.
Das trifft die Verwaltung deutlich: Alle Ämter müssen mindestens zehn Prozent einsparen. Freiwillige Leistungen dürfen nur nach Genehmigung ausgezahlt werden. Zudem gilt eine Stellenbesetzungssperre. Im Grunde dürfen jetzt nur noch Investitionen getätigt werden, die nicht aufschiebbar sind. Der Einbruch bei der Gewerbesteuer zeigt das Dilemma auf: Bad Vilbels zuvor sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen basieren auf wenigen potenten Betrieben. Wenn es diesen mal nicht so gut geht, dann leidet automatisch die ganze Stadt.
Bürger müssen zahlen
„Diese Summe ist nicht ohne weiteres zu kompensieren und ein Schlag ins Kontor. Der Landrat als Aufsichtsbehörde verlangt deshalb eine Ausschöpfung der Einnahmemöglichkeiten. Die Behörde setzt Forderungen des Innenministeriums um, dass die Städte ihre jährlichen Einnahmen zu überprüfen haben und Gebühren- und Steuererhebungen in Erwägung ziehen sollten“, schildert Stöhr. Konkret fordern der Wetteraukreis und das Land Hessen die Einführung einer Straßenbeitragssatzung. Straßenanlieger in Bad Vilbel werden damit an Straßenerneuerungskosten beteiligt. Im Schreiben der Aufsichtsbehörde heißt es, dass der Haushalt der Stadt Bad Vilbel mit der Aufforderung zurückgegeben wird, eine solche Satzung zu erlassen und zu vollziehen.
Ferner fragt der Wetteraukreis nach weiteren Schritten zum Haushaltsausgleich und nach einer langfristigen Planung zum Defizitabbau. „Einer Maßgabe, der wir uns stellen müssen. Wir werden nun besonnen, auch mit dem Landrat, die Haushaltslage analysieren und versuchen gangbare Wege für alle zu finden“, schildert Stöhr.