Die Fusion der Ärztlichen Bereitschaftsdienste in Hessen hat massive Folgen für Bad Vilbel: Der dortige Notdienst steht vor dem Aus. Der Kassenärzte-Verband will ihn in den Frankfurter Notdienst eingliedern. Die Bad Vilbeler Mediziner laufen Sturm dagegen.
Bad Vilbel. Zu gern hätten die Bad Vilbeler Hausärzte vor zwei Jahren ihren Bereitschaftsdienst mit dem der Karbener Kollegen fusioniert. Doch die setzten lieber auf die große Wetterauer Lösung. Bei der aber wollten die Bad Vilbeler nicht mitmachen.
Das hat nun Folgen. Der Redaktion der FNP liegt eine Hessenkarte der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KV) mit einer Einteilung der Bezirke vor, wonach genau vorgegeben ist, wann welcher bearbeitet werden soll. Demnach würde Bad Vilbel bereits im Oktober dieses Jahres an den Frankfurter Notdienst angeschlossen werden.
„Wir kommunizieren das erst, wenn wir Beschlüsse gefasst haben“, gibt sich Petra Bendrich von der KV zugeknöpft und will sonst nichts sagen. „Offiziell wurde mit uns noch gar nicht darüber gesprochen“, empört sich Dr. Peter Zierz, der Koordinator des Bereitschaftsdienstes in Bad Vilbel. „Wir haben das hintenherum erfahren.“
Andere allerdings sehen die Fusion seit zwei Jahren als überfällig an: „Die Entwicklung, die nun in Bad Vilbel bevorsteht, hatte ich damals befürchtet“, sagt der Sprecher der Karbener Hausärzte, Dr. Jürgen Fehr. Auch sein Wöllstädter Kollege Dr. Wolf Eckert hatte schon im Dezember 2011 ebenso bereits prognostiziert: „Vielleicht kommen die Vilbeler in einem Jahr als Außenstelle dazu, oder sie werden irgendwann von den Frankfurtern geschluckt.“
Das wollen die Bad Vilbeler Doktoren nun verhindern: „Wir werden alles dafür tun, damit unser Notdienst erhalten bleibt“, sagt Dr. Zierz. „Das Vorhaben der KV ist eine Riesen-Sauerei.“ Das System funktioniere sehr gut, die 43 Ärzte seien sehr gut aufgestellt und hätten keinerlei Nachwuchsprobleme: „Eine Praxis geht bei uns schnell weg.“
Dr. Zierz kann verstehen, wenn in ländlichen Gebieten Reformbedarf bestehe. Aber: „Es wäre eine Katastrophe, wenn wir Frankfurt zugeteilt werden“, warnt er. „Der Frankfurter Notdienst im Bürgerhospital ist ja jetzt schon überlastet, wie soll das dann erst nach der Reform werden?“
Kapital in Not-Praxis
Warum aber ist Bad Vilbel nicht in den Wetterauer Dienst aufgegangen? „Das wäre nicht sinnvoll gewesen“, findet Dr. Fehr. Erstens, weil es für die Bad Vilbeler Patienten nur zehn Kilometer Luftlinie bis nach Frankfurt seien. Zweitens wäre ein gemeinsamer Bezirk mit Karben noch immer zu klein und unrentabel gewesen. Das sieht Dr. Zierz anders: „Die Fusion mit Karben wäre optimal gewesen, doch leider haben die Kollegen dort den Sinn nicht verstanden.“ Dass die Vilbeler keine Hausbesuche bei den Karbenern machen dürfen, sei Vorgabe der KV.
Die Bad Vilbeler hätten kein Problem, auch dort Hausbesuche zu absolvieren. „Es kommen ja schon Patienten unter anderem aus Karben zu uns.“ Teilweise würden sogar Kranke aus Bad Nauheim nach Bad Vilbel verwiesen, „weil deren Bereitschaftsdienst sagt, dass es bei uns schneller geht“.
Der Bad Vilbeler Arzt fürchtet, dass die Versorgung der Patienten durch die Größe des Gebietes leide und öfters die Notrufnummer 112 gewählt werde – was die Notärzte unnötig für wichtige Fälle blockiere. „Vor allen Dingen wird es für uns viel teurer, aber der Aspekt wird gern heruntergespielt.“
Dass die Mediziner viel Kapital in die Ausstattung ihrer Notdienstpraxis gesteckt hätten, sei „der KV egal“, sagt der Mediziner. Derzeit bemühen sich die Vilbeler um Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, sind aber noch nicht gehört worden.
Dr. Peter Zierz kann sich vorstellen, dass der Bad Vilbeler Notdienst als eine Art Pufferzone zwischen Frankfurt und der Wetterau erhalten bleibt. „Man kann doch in zwei Jahren sehen, wie es funktioniert, dann besteht ja immer noch die Möglichkeit, dass wir fusionieren müssen.“
Schneller steuern
Die KV aber will größere Einsatzgebiete mit einer zentralen Praxis, die mit einem Arzt besetzt ist und einem weiteren, der mit einem Fahrer Hausbesuche absolviert. Dabei sollen die Notdienste stadt-, kreis- und bundeslandüberschreitend kooperieren. Beim Rettungsdienst ist das längst Alltag: Es fährt der Rettungswagen zum Einsatz, der als schnellster vor Ort sein kann.
Damit dies beim Arztdienst klappt, sind je eine Leitstelle in Frankfurt und in Kassel eingerichtet worden. „Wer die Nummer 116117 anruft, landet in der Zentrale, wo medizinisch geschultes Personal am Telefon sitzt“, erklärt KV-Sprecher Karl Matthias Roth. Von dort aus werde die jeweils beste Art der Versorgung geklärt.