„I am so happy!“ („Ich bin so glücklich!“) Mit glänzenden Augen und einem strahlenden Lächeln bedankte sich Sahra bei Silke Zuschlag, der Leiterin des Bad Vilbeler DRK Kleiderladens. Sahra ist sechs Jahre alt und stammt aus Somalia. In ihrer Heimat tobt seit 25 Jahren ein Bürgerkrieg. Jetzt hat sie in der Quellenstadt eine neue Heimat gefunden. Doch der Start ist nicht leicht.
Bad Vilbel. Die ehemalige britische Kolonie Somalia am Horn von Afrika ist seit 1991 unabhängig – und gilt angesichts des langanhaltenden Bürgerkriegs als „Staat ohne Regierung“. Sahra gehört zu den ersten Flüchtlingen, die aus Gießen kommend in Bad Vilbel eintrafen. Zusammen mit ihrer Mutter Fartoun und ihren beiden Schwestern Samira (3) und Sinam (fünf Monate) hat sie vorläufig eine neue Heimat in einer städtischen Wohnung in der Homburger Straße im Haus der Spiel- und Lernstube gefunden. Die Mutter ist seit zwei Monaten mit ihren Töchtern in Deutschland.
Gestern war Sahras erster Schultag. Sie geht probeweise in die Klasse 1c der Saalburgschule. Klassenlehrerin Monika Ebert begrüßte mit den Erstklässlern die neue Mitschülerin. Aufmerksam verfolgte Sahra den Unterricht – auch wenn sie das meiste noch nicht versteht. Zur letzten Stunde bekam Sahra Besuch von Silke Zuschlag und ihrem städtischen Betreuer vom Sozialamt Bad Vilbel. Das Duo hatte für das freundliche Mädchen eine große Überraschung. Zuschlag stattete die staunende Erstklässlerin mit Ranzen, Turnbeutel und „Schlamper“-Mäppchen aus dem DRK-Laden aus.
Damit Sahra alle nötigen Utensilien für den Unterricht hat, machte Silke Zuschlag mit ihrer Tochter vorgestern einen ausgedehnten Einkaufsbummel. Sie kauften für Sahra Bunt-, Filz-, Blei- und Wachsmalstifte, Spitzer, Radiergummi, eine Schere, Ordner, Hefte, Sammelmappen und eine Sporttasche. Obendrauf legte die Spenderin der Sechsjährigen noch zu ihrer Einschulung eine Tüte voller Süßigkeiten.
Sprachlos begutachtete Sahra mit ihrer Schwester Samira und ihrer Mutter die vielen Geschenke. „Thank you“, flüsterte sie leise. Und fügte noch einige Worte in ihrer Muttersprache Somali hinzu. Dann siegt die kindliche Freude – und sie packt alle Dinge aus ihrem ersten Ranzen aus, um sie zu bestaunen.
Damit Sahra und ihre Familie schnell Deutsch lernen, werden sie intensiv gefördert. Stundenweise lernt die Saalburglehrerin Janine Platzek mit Sahra Deutsch. Zusätzlich lernt sie die neue fremde Sprache mit ihrer Mutter und ihrer Schwester im Deutschkurs „Mama lernt Deutsch“ bei der pensionierten Lehrerin Kirsten Walz-Birner.
Die Schule wird nun testen, über welche Kenntnisse das Mädchen in den einzelnen Fächern verfügt, erklärte Klassenlehrerin Monika Ebert. Erst dann kann eine Entscheidung über ihren Verbleib in der ersten Klasse oder ein Wechsel in die Vorschulklasse erfolgen.
Unter den neuen Bürgern der Stadt ist noch ein weiteres Schulkind, ein Siebenjähriger aus Syrien. Er soll in den kommenden Tagen im DRK-Kleiderladen ausgestattet werden. „Das Sozialamt Bad Vilbel betreut bisher 23 Personen aus Somalia, Eritrea, dem Iran, Äthiopien und Syrien. Weitere 27 Asylsuchende werden demnächst bei uns eintreffen“, kündigte der städtische Betreuer an.
Der Wetteraukreis stellte inzwischen eine Dolmetscherin und eine Sozialarbeiterin zur Verfügung, die einmal wöchentlich in die Quellenstadt kommen. Gestern tagte erstmals im Sozialamt unter Vorsitz von Bad Vilbels Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP) ein runder Tisch mit Vertretern der Stadt, Kirchen, Verbänden und Organisationen. Sahra und ihre Familie benötigen noch eine Babydecke, Turnschuhe, Oberbekleidung, Sandalen und feste Schuhe. Wer den bereits in Vilbel angekommenen und erwarteten Menschen helfen will, kann folgende Sachen im DRK-Kleiderladen abgeben: Herrenbekleidung, Jeans für Männer, Schuhe, kleine TV-Geräte, Wanduhren. Ebenfalls gesucht werden noch Helfer im DRK-Kleiderladen. Seite 2