Mit einem Kostenaufwand in Höhe von ungefähr 2,5 Millionen Euro plant die syrisch-orthodoxe Gemeinde Bad Vilbel im Stadtteil Massenheim einen Kirchen-Neubau. Die Urchristen rechnen mit der Eröffnung im September des kommenden Jahres. Dann wird aus ihrem derzeitigen Domizil eine Kraftfahrzeugwerkstatt.
Bad Vilbel. Gäbe es da nicht das Schild „Beytzebdey-Kultur-Verein Bad Vilbel“, der Betrachter vermutete in dem weißen Gebäude, das schräg gegenüber des Vilbeler Nordbahnhofs steht, wohl kaum ein Gotteshaus. Rechts davon blickt man auf das geschäftige Treiben einer Kraftfahrzeug-Werkstatt. Im Erdgeschoss liegt ein schmaler langer Versammlungsraum, eine Treppe führt in die Kirche hinauf, die bis auf den Altar und im Hintergrund aufgestellte farbige Stellflächen mit religiösen Motiven einen sehr zweckmäßigen Eindruck hinterlässt.
Seit dem Jahr 1975 sind die syrisch-orthodoxen Christen in Bad Vilbel, haben das Gebäude in der Dieselstraße vor 25 Jahren gekauft. 120 Familien gehören zur Gemeinde, kommen zum Teil aus der Region. Die nächstgelegene Kirche befinde sich im mittelhessischen Gießen, erläutert Zeki Tutus, der Vorsitzende des Kulturvereins.
Aus der Zeit Jesu
Die syrisch-orthodoxe Kirche sei das Urchristentum, man habe zu 90 Prozent noch die Riten aus der Zeit Jesu – dass der Gottesdienst in Aramäisch gehalten werde, dass im Altarraum nur Männer und Jungen sein dürfen, dass der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde predige. Das Mitsingen der Gemeinde beschränke sich auf wenige Elemente. Die Gottesdienste erstreckten sich auf die Dauer von eineinhalb bis zu drei Stunden an den Festen Ostern und Weihnachten.
Dafür will die Gemeinde nun Raum schaffen. Sie hat ihr jetziges Gebäude bereits an die benachbarte Werkstatt verkauft, der Kirchenraum wird dann zum Lager. Ab November soll ein 5200 Quadratmeter großes Eckgrundstück am Massenheimer Apfelkreisel bebaut werden. Zunächst entsteht die Kirche selbst, 50 Meter breit und 30 lang, sowie ein Eckgebäudeteil für Technik und Funktionsräume. 900000 Euro kostet das, betonte Tutus. Ausgerichtet ist das Gebäude nach Osten, jene Richtung, in der Jesu einst die Grabeskirche in Jerusalem verlassen habe, bevor er gekreuzigt wurde, so Tutus.
Die Kirche soll 300 Besuchern Platz bieten, bisher waren es 180. In einem zweiten Bauabschnitt entstehe der Versammlungssaal, der 850 Quadratmeter groß ist und 410 Sitzplätze bietet. Dieser könne auch von Vereinen oder anderen Interessenten gemietet werden, kündigt Tutus an. Doch auch in der Gemeinde gibt es viele Aktivitäten: vom muttersprachlichen Unterricht für Grundschüler in aramäisch bis zur Skatgruppe, dem Frauenchor und einer Fußballmannschaft.
Heimat-Glockenturm
Zum Schluss entsteht das Pfarrhaus. Dann werden 2,5 Millionen Euro verbaut sein. Der neue Gemeindepfarrer sei bereits auserkoren worden. Er komme aus dem Irak, solle von Dezember an predigen, kündigt Tutus an.
Die Kirche hat einen 25 Meter hohen Glockenturm und ist jenem Kirchengebäude im Südosten der Türkei nachempfunden, aus dem die Christen in den 1970er Jahren flüchteten, weil es an der syrischen Grenze immer häufiger zu Konflikten kam, so Zeki Tutus. Heute lebten nur noch fünf Familien dort. Bei dem Bad Vilbeler Kirchenbau habe es übrigens keinerlei Auflagen oder Einwände des Kreisbauamtes gegeben.