William Shakespeares „Romeo und Julia“ ist nicht einfach ein Liebesdrama unter vielen, sondern das Liebesdrama der Weltliteratur. Premiere in der Burg ist am 21. Juni.
Bad Vilbel. Auch wer selten oder gar nicht ins Theater geht, weiß zumeist worum es geht. Weiß, dass „Romeo und Julia“ fast schon sprichwörtlich für eine bedingungslose Liebe stehen, die sich über alle Widerstände sowie gesellschaftliche und familiäre Schranken hinwegsetzt, auch wenn sie tödlich endet. Regisseurin Ina Annett Keppel wird diesen uralten Stoff, der stets aufs Neue die Herzen bewegt, für die Burgfestspiele inszenieren.
Die Hoffnung
Seit Generationen sind in der reichen Stadt Verona die Adelsfamilien Montague und Capulet verfeindet. Obwohl der Prinz der Stadt bei Todesstrafe Händel verboten und Frieden befohlen hat, nehmen die gewalttätigen Auseinandersetzungen auch auf offener Straße kein Ende. Als Romeo und ein Freund maskiert bei einem Fest der Capulets auftauchen, kommt es zum ersten Zusammentreffen mit Julia. So erwacht mit ihrer Liebe zumindest die Hoffnung, dass doch einmal alles gut wird.
„Die erste große Liebe zweier Menschen in einer unwirtlichen, nicht positiv besetzten Welt“, das sei das Kernthema des Stücks, betont Regisseurin Keppel bei den Proben. Romeo und Julias Liebe erblüht auf einem Boden, der dafür nicht fruchtbar ist und die Leidenschaftlichkeit und Kompromisslosigkeit dieser Liebe, „das ist, was das Stück auch in der heutigen Zeit noch sehr spannend macht“, verdeutlicht die Spielleiterin.
Für Julia, die nach dem Wunsch der Eltern mit einem anderen Mann verheiratet werden soll, geht es bei ihrem Kampf um Souveränität um die Ablösung von der Familie. Romeo muss sich dagegen aus dem Gruppenzwang seiner Junge-Männer-Clique lösen, die aggressiv auf der Straße auftritt und den Kampf um des Kampfes willen schätzt. So haben die Darsteller dieser Clique bei einer Fechtchoreografin hitzige Degenduelle trainiert.
Der fatele Schlaftrunk
Bei einem dieser Duelle stirbt Romeos Freund Mercutio durch Julias Vetter Tybalt, woraufhin Romeo diesen tödlich trifft. Romeo wird aus der Stadt verbannt, aber zuvor lässt er sich von Bruder Lorenzo heimlich mit Julia trauen. Julias Eltern, die nichts von der Trauung wissen, wollen sie zwingen den Grafen Paris zu heiraten. Lorenzo gibt ihr einen Trank, der sie in einen todesähnlichen Schlaf versetzt. Sie wird in die Familiengruft gebracht, aus der sie Romeo befreien soll. Jedoch trifft der Bote bei Romeo zu spät ein, um die Nachricht vom Tod Julias richtigzustellen. Als Romeo Julis findet, wähnt er sie tot und vergiftet sich. Julia erwacht und wählt ebenso den Freitod.
Nicht nur Drama
Shakespeare rafft das Geschehen von Monaten zu einem jagenden Zeitablauf von vier Tagen und Nächten. Wie den meisten anderen Shakespeare-Stücken besteht auch hier seine Modernität darin, dass seine Figuren nie eindimensional sind, sondern in ihren Widersprüchen sehr plastisch dargestellt werden, zeigt sich Regisseur Keppel begeistert. Auch sieht sie „Romeo und Julia“ nicht nur als das große Drama an, das tödlich endet. „Es ist durchsetzt von komödiantischen Szenen und fröhlichen Erlebnissen“, die in ihrer Inszenierung auch zum Tragen kommen werden. Vor allem die Maskerade spiele eine große Rolle, es wird auch getanzt und etwas Gitarre gespielt.
Hohes Lied der reinen Liebe und obszöne Späße
Keppel nimmt damit Bezug, wie Shakespeare in dem Drama eine „unerhörte Weltfülle im Gegeneindander und in der Versöhnung heterogener Elemente, Tragik und Komik, zynischer und ergriffener Haltung, spontanem und gekünsteltem Stil“ zeigt, wie es im Shakespeare-Handbuch (herausgegeben von Ina Schabert) auf den Punkt gebracht wird. Weiter heißt es dort: „Der Gegensatz der Liebenden zur Welt, die sie negieren, zum routinemäßigen Hass ihrer Familien, aber auch zur satirisch herausfordernden oder behaglich derben Reduktion der Liebe auf das sexuelle, könnte nicht wirkungsvoller angelegt sein. Shakespeares Hohes Lied der reinen Liebe wird umrahmt von einer verbalen Komödie, die eine erstaunliche Frequenz frivoler und obszöner Spässe aufweist.“
Keppel und die Burg
Als deutsche Übersetzung wurde für die Bad Vilbeler Inszenierung die Übertragung von Thomas Brasch gewählt. Um die Themen Liebe und Hass zu betonen, werden auf der Bühne viel Stahl und rote Flächen zu sehen sein. Generell werden auch die realen Burgmauern miteinbezogen, wie auch die ganze Burg und nicht nur die Bühnenseite bespielt werde, macht Regisseurin Keppel neugierig. Außerdem habe sich bei einer Begehung vor ihrer Entscheidung hier zu inszenieren die Burg als „meine erste große Liebe in Bad Vilbel“ erwiesen, gesteht sie. (hir)