Vor knapp einer Woche hat eine Erkenntnis die Karbener kurz aus der Bahn geworfen. In der Bahnhofstraße direkt neben der Ditib-Gemeinde in Groß-Karben haben Rechte einen Treffpunkt eingerichtet. Inzwischen hat sich ein Ge- genbündnis formiert. Und die Nachbarn rücken zusammen.
Karben. Relativ ruhig wirken die Männer der Gemeinde. Eine Woche ist es jetzt her, seitdem die Mitglieder der türkisch-islamischen Ditib-Gemeinde wissen, wer direkt neben ihrer Osman-der-Junge-Moschee eingezogen ist. Inzwischen ist viel passiert. „Wir haben uns informiert, wer die sind und was sie machen“, erzählt Mehmet Koçak, Sekretär der Gemeinde.
Anfangs sei man bestürzt gewesen. „Wir sind so etwas in Karben ja gar nicht gewöhnt“, sagt auch sein Sohn Nureddin (18). Seit 1989 ist die Ditib-Gemeinde in dem roten Haus an der Bahnhofstraße ansässig. Erst zur Miete, später haben die Mitglieder das Gebäude gekauft. „Wir haben sehr freundliche Nachbarn, die uns auch besuchen, wenn wir Tag der offenen Tür oder Feste haben“, erzählt Mehmet Koçak (43). Auch die sind über den braunen Spuk, der in die Bahnhofstraße eingezogen ist, beunruhigt.
Gelebte Integration
Die Ditib-Gemeinde erfährt unter anderem durch Stadtrat Philipp von Leonhardi (CDU) direkte Unterstützung. Gemeinsam habe man über die Situation gesprochen, erklärt Mehmet Koçak. „Klar ist: Es muss etwas getan werden.“ Ein wenig Ruhe hat Stadtrat von Leonhardi wieder in den Stadtteil bringen können. „Er hat uns volle Unterstützung angeboten, wir könnten ihn Tag und Nacht erreichen. Er war es auch, der eine Initiative vorgeschlagen hat“, sagt Mehmet Koçak.
Die Mitglieder sind dadurch wieder ein wenig entspannter geworden, allein durch die Tatsache, dass von Leonhardi direkt um die Ecke wohnt. Auch Hartmut Polzer von der Initiative Stolpersteine sicherte der Gemeinde seine Unterstützung zu. So formierte sich in den vergangenen Tagen ein Bündnis aus Stadt, Initiative Stolpersteine, Ditib-Gemeinde und Kurt-Schumacher-Schule.
Auch hat man Kontakt mit Andreas Balser, dem Vorsitzenden der antifaschistischen Bildungsinitiative Wetterau, aufgenommen, der Tipps und Ratschläge gab. „Er hat auch unsere Jugendgruppe informiert, wie die Rechten agieren“, erzählt Nurredin Koçak.
Info-Veranstaltung
Wichtigster Punkt: sich in keinem Fall provozieren lassen. Interessant schon einmal ein Punkt: Die Auslage im Fenster des benachbarten Hauses wurde inzwischen verändert, einige Flyer sind verschwunden.
Ziel sei es jetzt, eine große Gemeinschaft in Karben gegen Rechts zu bilden: „Wir müssen alle an einem Strang ziehen“, sagt Mehmet Koçak. Daher ist gemeinsam mit der Stadt am 13. Juni eine Veranstaltung für alle Bürger geplant, bei der zwei Referenten – einer davon ist Andreas Balser – über die Situation sprechen und über Verhaltensweisen und Vorgehen der Rechten informieren.
„Wir sind eine weltoffene Gemeinde, wir haben immer den Kontakt gesucht und in Karben auch gefunden. Wir versuchen, so transparent wie möglich zu sein“, sagt der Ditib-Sekretär. Sein unüberhörbar hessischer Akzent verrät, dass er seit seinem vierten Lebensjahr in Deutschland wohnt. Mehmet Koçak ist in mehreren Karbener Vereinen Mitglied, unter anderem beim KSV Klein- und der KSG Groß-Karben. „Das nennt man aktive Integration“, sagt sein Sohn und lacht. In der Tat ist die Ditib-Gemeinde sehr engagiert. Das Projekt „Schüler helfen Schülern“, in dem mehrere Mitglieder zum Wohl der Allgemeinheit beitragen, ist nur eines von mehreren.