Freie Straßen – darauf verlassen sich die Menschen in Karben bei Schnee und Eis. Dass niemand durch die Stadt rutschen muss, dafür sorgt das Team des Bauhofs. Unter der Woche bedeutet das: Dienstbeginn um vier Uhr früh.
Karben. Als er auf die Bremse tritt, um an der Hofeinfahrt anzuhalten, rutscht der Wagen von Erik Uebelacker (60) einfach weiter, über den Gehweg, bis auf die Rendeler Straße hinaus. Ui, ist das glatt! Uebelacker, Bereitschaftsführer beim Bauhof, greift zum Telefon. Heute reicht der siebenköpfige Bereitschaftsdienst doch nicht. Die ganze Truppe muss ran.
Eine halbe Stunde später, kurz vor fünf, sind die Kollegen im städtischen Bauhof in der Robert-Bosch-Straße. Eine Kreidetafel teilt die Teams ein: In neun Kolonnen oder einzeln rücken 14 Mann in alle Stadtteile aus. Ihre Mission: wichtige kommunale Straßen, wichtige Fußwege, Steigungsstrecken und Bushaltestellen von Schnee und Eis befreien.
Freie Bahn für Pendler
Als die meisten Kollegen unterwegs sind, klettert auch der Bauhof-Vize auf seinen Arbeitsplatz: in zwei Metern Höhe am Steuer des elf Jahre alten Mercedes-Benz-22-Tonners mit 220 PS. Oben drauf fünf Kubikmeter Mischung aus einem Fünftel Splitt und vier Fünfteln Salz. Hinten die Streuvorrichtung, bedienbar vom Fahrerplatz aus. „20 Prozent Menge genügen heute“, sagt er. Vier Meter Streubreite sind auch passend.
Vorne am Lastwagen thront das martialische Räumschild. Es ist neu und leiser, dank Plastikkufe. „Das kratzt nicht so, da beschweren sich die Anwohner weniger.“ Immer wieder beklagten sich Bürger, hat der gelernte Automechaniker und langjährige Garten- und Landschaftsbauer in 14 Jahren beim Bauhof erlebt. Und schnell genug könne es vielen Anwohnern auch nicht gehen. „Aber wir können alles nur nacheinander erledigen“, sagt Uebelacker.
Rangieren mit 22-Tonner
Üblicherweise starten die Trupps gegen vier. „Zwischen fünf und sechs läuft schon der Berufsverkehr an“, erklärt er. Dann sollen nicht nur die Straßen frei sein. Ganz oben auf der Liste stehen Fuß- und Fahrradwege Richtung Bahnhof. „Das ist doch wichtig für die Pendler.“ Die Routen der Stadtbusse haben ebenso Priorität.
Am Straßberg kommt Uebelacker zum ersten Mal ins Schwitzen. Drei Autos parken im Wendehammer der Straße Schöne Aussicht. „Das ist verboten.“ Mehrfach muss der Fahrer den 22-Tonner vor- und zurücksetzen, um zu wenden. Im Brauweg und der Riedmühlstraße haben Fahrer ihre Autos nahe an den Einmündungen geparkt. Zentimeterweise schleicht er um die Ecke, die jeweils drei Außenspiegel auf beiden stets im Blick. Doch Am Hochholz kommt er nicht weiter: Zwei Autos parken versetzt, aber nicht weit genug voneinander entfernt. Uebelacker probiert es ganz vorsichtig. „Hier käme auch die Feuerwehr nicht mehr durch, wenn es brennt.“ Da tritt ein Mann verschlafen in Jogginghose aus der Haustür. „Es kommt gleich jemand“, ruft er, winkt. Erik Uebelacker nickt freundlich zurück. „Es macht einen schon sauer“, sagt er leise, „dass da niemand mal dran denkt.“ (den)