Die Niddertalbahn via Bad Vilbel könnte Teil einer neuen Ost-West-Stadtbahn-Strecke im Rhein-Main-Gebiet werden. Das untersucht derzeit die Stadt Frankfurt. Im Niddertal scheint man der Idee gegenüber aufgeschlossen. Doch bei den Fahrgästen herrscht Skepsis.
Bad Vilbel. Per U-Bahn aus Heldenbergen, Büdesheim, Niederdorfelden, Bad Vilbel nach Frankfurt? Nein, kein Aprilscherz: „Wir haben einen Prüfauftrag der Stadtverordnetenversammlung“, erklärt Beate Menger, persönliche Referentin von Frankfurts Verkehrsdezernent Stefan Majer (Grüne). Das Ergebnis werde „in den nächsten Monaten“ dem Parlament berichtet.
Hinter der verwegenen Idee steckt eine große Vision: Frankfurts Stadtverordnete überlegen, was aus der U-Bahnlinie U5 wird. Sie soll ins Europaviertel sowie zur S-Bahn-Station Frankfurter Berg verlängert werden.
Und dann? Von diesen Endstationen könnte sie weiter in die Region fahren. „Als Zweisystem-Stadtbahn“, erklärt Beate Menger, also innerstädtisch als U-Bahn (über wie unter der Erde) und im Umland auf den normalen Bahngleisen. Während das grüne Verkehrsdezernat im Westen die Verlängerungen nach Königstein und Bad Soden untersucht, bieten sich im Osten Bad Vilbel und die Niddertalbahn an. Die visionäre U5 böge also am Frankfurter Berg auf die Gleise der Main-Weser-Bahn ab und wäre von Bad Vilbel aus bis nach Stockheim unterwegs.
Im Niddertal würde das wohl hohe Investitionen nötig machen, allem voran fürs Elektrifizieren der 31 Kilometer langen Strecke. Am Sitz der Arbeitsgemeinschaft Nahverkehr Niddertal (AGNV) im Rathaus Nidderau ist man dennoch offen: „Die Stadt Nidderau stand in der Vergangenheit immer positiv zu einer Elektrifizierung“, sagt Bürgermeister Gerhard Schultheiß (SPD). Allerdings habe die Landesplanung das Projekt „zunächst hintan gestellt“. Angesichts der Sparnotwendigkeiten könne die Stadt für das Projekt auch „schlecht einen Blankoscheck ausstellen“, mahnt Schultheiß.
Ein Problem bekäme die Niddertal-U-Bahn zudem: Für die Oberleitung ist die neue Brücke der Ortsumgehung Nidderau zu niedrig. Man habe bei der Bahn nachgefragt und ein Okay bekommen, weil keine Elektrifizierung geplant sei, heißt es aus dem Rathaus. Ohnehin geht der Trend entlang der Strecke eher Richtung Sparen als Investieren: Manch ein Kommunalpolitiker mag angesichts der Geldknappheit der Gemeinden und Städte lieber weniger fürs Stockheimer Lieschen bezahlen. Die Verkehrsverträge lassen es zu, dass bis zu zehn Prozent der Züge gestrichen werden. „Solche Forderungen kommen bereits aus der Politik“, heißt es in einem der Rathäuser. Das allerdings liefe der Nachfrage zuwider: Das Erweitern des Angebots auf der Niddertalbahn vor wenigen Jahren hat die Fahrgastzahlen um 40 Prozent steigen lassen, zeigen Zahlen des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV). Beim RMV mag man sich zum Vorstoß erstmal gar nicht äußern, wenngleich die Planer aufmerksam zuhören.
„Interessant ist das auf jeden Fall“, sagt auch Jürgen Lerch, Mittelhessen-Chef des Fahrgastverbandes Pro Bahn & Bus. „Aber das würde eine Mords-Investition in die Infrastruktur bedeuten.“ Das Projekt sei „relativ unrealistisch, weil es einfach teuer ist“. Und auch Zweisystem-Stadtbahnen gibt es in der Region bisher nicht.
In den nächsten zehn Jahren müssten RMV, Land und Kommunen wichtigere Projekte bezahlen, etwa die Regionaltangente West, den Ausbau der S6 in die Wetterau oder den Bau der nordmainischen S-Bahn, so Lerch.
Vor allem mag der Fahrgastsprecher den Nutzen für die Wetterau nicht erkennen. „Das gäbe für Vilbel vielleicht eine etwas bessere Anbindung in die nordöstlichen Frankfurter Stadtteile.“ Doch verlängerten sich die Fahrzeiten zum Hauptbahnhof und ins Stadtzentrum damit erheblich. „Die Leute wollen aber eher dorthin als nach Preungesheim oder Eckenheim.“ Auch der Westbahnhof werde von den Lieschen-Fahrgästen sehr stark frequentiert.
So mag sich Fahrgast Lerch mit der U-Bahn-Idee für das Niddertal nicht recht anfreunden. „Das heutige Angebot ist für die Pendler doch sehr gut.“