Das Degenfeldsche Schloss soll verkauft werden. Was wird dann aus dem Museum? Darum machen sich die ehrenamtlich Engagierten des Museumsdienstes Sorgen. Denn in diversen leerstehenden Zimmern lagern Ausstellungstücke – zum großen Teil noch nie gezeigt.
Karben. Charlotte Jäkel (69) nimmt den Kleiderbügel mit der braunen Uniformjacke vom Schrank herunter und die darüber hängende Plastiktüte ab. Aus der Tüte holt sie einen Tornister hervor, einen Helm und ein „Feldbuch“ in ledernem Einband. Darin liegen noch maschinengeschriebene Seiten. Ein Autor namens Karl Spamer aus Klein-Karben berichtet darauf von seinen Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg und von der Gefangenschaft. Am Ende notiert er das Datum: „4. Dez. 1948“.
„So etwas ist hier überall zu finden“, sagt Jäkel. „Das Schloss ist eine echte Schatzkammer.“ Jäkel ist eine von 20 ehrenamtlichen Helfern, die unterm Dach des Karbener Geschichtsvereins den monatlichen Aufsichtsdienst im Landwirtschafts- und Heimatmuseum im Degenfeldschen Schloss in Groß-Karben leisten. In 17 Räumen ist die Dauerausstellung aufgebaut.
Die Helfer aber sind nun in Sorge, denn das Schloss soll verkauft werden. Zwar bestätigt Wirtschaftsstadtrat Otmar Stein (CDU) gebetsmühlenartig, dass das Museum im Schloss bleibt. „Im gesamten Bereich rechts des Haupteingangs.“ Das aber beunruhigt die Helfer trotzdem, denn allein der Ausstellungsbereich ist heute schon größer – und der Fundus noch viel größer. „Es gibt so viele Exponate“, sagt Edgar Pfeifer (68).
Das zeigt sich schon in den Museumsräumen links des zentralen Treppenhauses. Hier sind Ausstellungen für diverse Handwerke eingerichtet. Doch wegen Platzmangels werden die Räume als Materiallager verwendet. Dazwischen ein Schreibtisch samt PC: Auf Anraten des Museumsverbandes begann Pfeifer 2011, den Bestand des Hauses zu archivieren. „Bisher wurde nur ein Eingangsbuch geführt“, erläutert Charlotte Jäkel. Das geschah zwar akribisch, lobt sie die „Lebensleistung“ von Museumsgründer Edmund Felber und des früheren Leiters Herbert Schuch.
Abwechslung wichtig
Eine Übersicht aber haben die Helfer dadurch nicht. Zumal sie noch lange nicht alle Unterlagen entdeckt haben. Die Inventarisierung entwickelt sich zu einer unendlichen Arbeit. Allein an den Werkzeugen von Schmieden und Küfern in zwei Glasvitrinen sitzt Edgar Pfeifer seit Monaten: Er ermittelt per Internetrecherche Name und Funktion, fotografiert und katalogisiert die Stücke. „Nur wenn man weiß, was man hat, kann man auch Ausstellungen zusammenstellen“, erklärt er. Das haben Experten des Museumsverbandes erklärt, als sie die Helfer berieten.
Spannende Wechselausstellungen seien überlebenswichtig für das Haus. „Nur so kann man Besucher anlocken“, erklärt Charlotte Jäkel. Öffne das Museum einfach so, komme niemand. Mit Schauvorführungen oder Spezialausstellungen halten die Helfer seit einem Jahr dagegen – mit Erfolg: „Dann kommen die Leute auch“, freut sich die engagierte Frau.
Was an Ausstellungen möglich ist, wissen die Helfer nicht. Immer wieder entdecken sie in Kisten, Schränken und Kartons neues Museumsgut. Neben zwei Ausstellungsräumen im Erdgeschoss sind vier Nebenräume im ersten Stock über und über mit Material vollgestellt. Selbst auf dem Dachboden und im Nordflügeln lagert Museumsgut. Schränke voll mit Kleidung und Geschirr. Werkzeug. Lampen. Webstühle. Fotoalben. Waagen. Staubsauger. Eine komplette Schuhmacher-Werkstatt.
Wenn der Schlossverkauf erst über die Bühne geht, sei für die Inventarisierung keine Zeit mehr, fürchtet sie. „Deshalb brauchen wir weiter Lagermöglichkeiten“, ergänzt Pfeifer. Der fürs Museum zuständige Stadtrat Jürgen Hintz (62, CDU), selbst Mitglied im Geschichtsverein, will nun klären, ob dafür das Dachgeschoss über dem Museum genutzt werden kann.
Auf 450 bis 500 Quadratmetern im Erdgeschoss und ersten Stock bleibe das Museum per langfristiger Mietverträge mit dem neuen Besitzer erhalten – also fast so groß wie bislang, erinnert Stein. Von den großen Materialmengen weiß auch er. „Da muss man sich eben ernsthaft Gedanken machen, was man künftig ausstellen will“, sieht Stein wohl ein Ausdünnen des Museumsguts als Lösung an. Sinnvoll sei das durchaus, stimmen ihm Jäkel und Pfeifer zu, doch werde dann eine Neukonzeption nötig.
Für Entscheidungen, was bleibt und was nicht, fühlen sich die Helfer nicht autorisiert. „Allein ehrenamtlich und ohne weitere Helfer ist das Museum nicht zu stemmen.“ Die Hoffnung, dass sich genug Engagierte fänden, habe sich nicht erfüllt. So sei bisher nur der Aufsichtsdienst sichergestellt. Werde das Schloss jedoch bald verkauft, müsse geklärt sein, was mit dem bisher ungenutzen sowie dem dann überzähligen Museumsgut geschehe. „Die Lösung müsste eigentlich schon auf dem Tisch liegen“, drängelt Charlotte Jäkel. Edgar Pfeifer nickt. „Die Spender haben das der Stadt ja übereignet, weil sie erwarten, dass es ausgestellt wird“, erinnert er. „Das kann man nicht einfach wegtun.“ (den)