Bisher war es klar geregelt: Der Ernteverkehr zu Karbens Biogas-Anlage fuhr um die enge Groß-Karbener Ortsdurchfahrt herum. Angesichts enormer Umwege und hoher Kosten lenken die Groß-Karbener nun aber ein.
Karben. Viel Verkehr rollt Tag für Tag am Haus von Harald Ruhl in der Groß-Karbener Bahnhofstraße vorbei. Der Sprecher der Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt!“ hat es dabei noch verhältnismäßig gut: Weiter Richtung Ortskern wird die Straße viel enger, fahren täglich 13 000 Autos und Laster gefühlt durchs Wohnzimmer. Dann klappert das Geschirr in der Vitrine.
Kein Wunder, dass Ruhl und viele andere Anwohner mit Argusaugen die Verkehrsmassen beobachten. So blieb nicht unbemerkt, dass auch die – obwohl unscheinbaren – Erntelaster zur Biogasanlage „tagelang durch die Bahnhofstraße“ fuhren. „Mindestens 20 Fahrten pro Tag“, hat Ruhl gezählt. Als Stadtverordneter der SPD und Ortsbeiratsmitglied trägt Ruhl den Ärger vieler in die Gremien. Darunter auch jene Beschwerden über die von den Erntelastern kaputtgefahrene Feldwege.
Lange Ausweichrouten
„Es sollte nicht sein, dass versehentlich Waldwege genutzt werden“, erklärt Landwirt Karl Jakob. Das Transportunternehmen habe sich aber dafür entschuldigt. „Das war keine Absicht.“ So recht mag Ortsvorsteher Hans-Jürgen Kuhl (SPD) das nicht gelten lassen. „Das Vertrauen der Bürger ist weg, wenn nicht auf die Vereinbarungen geachtet wird.“ Die Zusage der Groß-Kärber hätten sich die Betreiber der Anlage eben damit erkauft, dass die Ortsdurchfahrt vom Ernteverkehr verschont werde.
Unvorhergesehene Umstände ließen einfach manchmal keine anderen Lösungen zu, hält Stadtrat Philipp von Leonhardi (CDU) dagegen; als Landwirt liefert auch er der Anlage Material zu. Bei Regen beispielsweise müssten die Fahrzeuge andere Routen einschlagen, weil manch ein Feldweg dann nicht nutzbar sei. Feldwege aber sollten die Laster möglichst benutzen, um keinen Dreck auf die Straßen zu fahren. „Das Hauptproblem ist die politische Vorgabe, nicht durch Groß-Karben zu fahren“, erinnert der Stadtrat. „Das kostet viele Kilometer, kostet viel Geld und ramponiert viele Feldwege“, fasst er zusammen.
Sein Landwirtskollege Klaus Gepp nickt. „Da sind Unmengen von Fahrten über Feldwege und durch andere Orte nötig, um nicht durch Groß-Karben zu fahren.“ Lediglich bei der Maisernte in Dortelweil und Kloppenheim seien die Lastwagen in der jüngsten Saison durch den Ort gefahren. „Das war aber nur an zwei Tagen“, erklärt Karl Jakob. Was für Ortsvorsteher Kuhl schon zuviel ist: „Wir sollten die Bürger nicht mehr belasten als nötig.“ Der Verkehr sei schon eine Zumutung. „Da können Sie sicher noch die vier Jahre durchhalten, bis die Nordumgehung fertig ist“, sagt Kuhl.
Da aber wagt Stadtrat von Leonhardi einen Vorstoß: Bis die Umgehungsstraße fertig sei und den Ernteverkehr aufnehmen könne, „könnte eine Nutzung der Ortsdurchfahrt bis zum Deutschen Haus die Situation entschärfen“, wirbt er. Lastwagen aus Richtung Burg-Gräfenrode, Niddatal und Wöllstadt könnten über Burg-Gräfenröder und Ludwigstraße in die Heldenberger Straße abbiegen.
Angesichts teils enormer Umwege kommt selbst von Harald Ruhl dafür Zustimmung. „Wir lehnen das sicher nicht kompromisslos ab“, sagt er, „wenn der eine oder andere Laster hier durchfährt, solange die Nordumgehung noch nicht fertig ist.“ Der Meinung folgt der Ortsbeirat letztlich einstimmig und gibt seine Vorgabe, Biogasanlagen-Transporte von Groß-Karben generell fernzuhalten, auf. Vielmehr soll die Stadtregierung künftig die Routenplanung „im Einvernehmen mit Bürgern, Landwirten und Transportunternehmen“ regeln.
Ortsvorsteher Kuhl geht das zunächst zwar ein bisschen weit. Er hat die Idee, dass die Routenplanung seinem Gremium vorgelegt werden solle, „damit wir sie optimieren können“. Das sei nicht möglich, hält Landwirt Jakob dagegen, schließlich seien die Routen dann bereits von der Polizei und anderen Behörden freigegeben. Allerdings ermuntert er zu Hinweisen, falls der Ernteverkehr zu Problemen führe: „Es ist wichtig, dass die Betreiber die Kritik mitbekommen“, sagt Karl Jakob. „Denn weder die Landwirte noch das Transportunternehmen wollen einen Konflikt.“
Das stimmt auch Ortsvorsteher Kuhl zuversichtlich. „Niemand hat etwas dagegen, wenn mal ein, zwei Lkw durch Groß-Karben fahren, bis die Nordumgehung fertig ist“, sagt der SPD-Politiker, „wenn es die Landwirte sonst tausende Euro extra kostet für Umwege.“ (den)