Die gradlinigen Zeiten der Nidda mitten in Bad Vilbel sind gezählt: Der Fluss wird für rund 200 000 Euro naturnah umgestaltet, bekommt Buchten und Inseln. Radfahrer und Fußgänger müssen sich allerdings wegen der Baumaßnahme umstellen.
Bad Vilbel. Es sei „eine deutliche Aufwertung“, die die Nidda in den kommenden Monaten erfahre, freut sich Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr, denn der Fluss wird zwischen Kurhaus und Brücke an der Kasseler Straße renaturiert. Das macht die Stadt gemeinsam mit der Gerty-Strohm-Stiftung des Dortelweiler Anwalts Hansgeorg Jehner. Die Stiftung war bereits bei der Renaturierung in Gronau engagiert und wird weiteres Geld auf Karbener Gebiet investieren.
„Durch den Bau der Neuen Mitte und der Mediatheksbrücke ist jetzt der ideale Zeitpunkt, auch die Nidda in der Innenstadt auf einem Teilstück zu renaturieren.“ Man mache den Fluss in der Innenstadt wieder zugänglich und werte ihn gleichzeitig ökologisch auf, betont Stöhr.
In dieser Woche begannen unter der Büchereibrücke die Vorarbeiten. Auf 150 bis 200 Metern Länge wird die Nidda auf der Kurhausseite renaturiert. Nach Angaben des Gewässerökologen Gottfried Lehr, der das Projekt geplant hat und auch betreut, wird zunächst die steinerne Uferbefestigung komplett entfernt. Zusätzlich verbreitert sich die Nidda: Es werden Buchten und kleine Kurven angelegt beziehungsweise entstehen von selbst. Das alte Nidda-Ufer wird an zwei Stellen als kleine Insel dienen.
Stöhr: Wie in Florenz!
Im Bereich der Mediatheksbrücke soll zudem ein „bewegtes Wasser“ entstehen, das den Fluss aufgrund der Steinstruktur mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt. Auf der linken Uferseite werden Buhnen geschaffen, die das Wasser in Richtung der beiden Schleifen führen werden. Wenn die Witterung es zulässt, sollen die Maßnahmen Ende November beendet sein.
„Wir machen mit flachen Ufern den Fluss zugänglich für die Menschen und binden ihn als prägendes Element in den angrenzenden Kurpark mit ein. Gemeinsam mit der Mediatheksbrücke entsteht somit eine einmalig schöne Konstellation, die es so bisher nur am Arno in Florenz gibt“, schwärmt Stöhr.
Aber auch umweltpädagogisch könne sich das Projekt sehen lassen. „Wo sonst können Erwachsene und Kinder in einer Innenstadt so nah an ein renaturiertes Fließgewässer, um kleine Fische, Libellen und Frösche zu entdecken und zu beobachten? Diese werden sich im Laufe der Zeit definitiv dort ansiedeln“, ist der Bürgermeister überzeugt.
Die Maßnahme wird von der Stadt unterstützt und von Umweltbehörden als auch der Oberen Wasserbehörde begrüßt. Die Nidda soll sich in diesem Abschnitt wieder zu einem natürlichen Fluss entwickeln. „Vergleichbar ist diese Baumaßnahme mit der Nidda in Assenheim oder dem Erlenbach in Massenheim“, so Stöhr. „Wir wollen möglichst viele Bäume an ihrer jetzigen Stelle behalten. Es ist aber ganz deutlich zu sagen, dass wir in den nächsten acht Wochen dort eine Baustelle haben werden – und dass auch ein Teil von Flora und vorübergehend auch Fauna im Zuge der Bauarbeiten mit schwerem Gerät der Renaturierung weichen müssen, so wie es auch bei anderen Renaturierungen in Bad Vilbel zuvor schon geschehen ist“, erläutert Lehr. Er geht aber davon aus, das sich nach dem Bauende Pflanzen und Tiere an der Nidda artenreicher als zuvor präsentieren.
Durch die Verbreiterung der Nidda muss der alte Radweg durch einen neuen ersetzt werden. Daher kommt es bis voraussichtlich Ende Dezember zu einer vorübergehenden Sperrung
Mehr als 5 000 Kubikmeter Erde werden für diese Maßnahme bewegt. Ein Flachufer wird aufgrund der wieder gewonnenen Eigendynamik der Nidda entstehen. Das bedeutet auch eine Verbesserung des Hochwasserschutzes. Libellen, Frösche und kleine Fische werden davon profitieren, ist Lehr überzeugt. Die Fauna werde mit Igelkolben, Schwertlilien und anderen Arten deutlich vielfältiger. (zlp)