Der Weg für die Nordumgehung Karben ist frei: Die Stadt hat vor wenigen Tagen gestern den Vertrag über die Vorfinanzierung des Projekts mit dem Land unterschrieben. Alle Hürden scheinen genommen. Ende 2016 soll der Verkehr en Autos und Lasterauf der Straße rollen.
Karben. Auf die Nordumgehung! Die führenden Köpfe der Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt!“ stoßen ihre Sektgläser zum Prost an. Die Stimmung ist gelöst.
Gerade hat Bürgermeister Guido Rahn (CDU) seine Unterschrift unter den Vertrag für die Finanzierung der Nordumgehung gesetzt. Die Stadt schießt dem Land die Baukosten in Höhe von 16,2 Millionen Euro für die 3,2 Kilometer lange Straße vor. Dieses zahlt die Gelder von 2015 bis 2018 zurück.
Dafür muss sich Karben nicht hinten anstellen bei den Umgehungsprojekten, rutscht elegant auf Platz eins vor. Es sei „ein einzigartiges Projekt“, sagt Rahn – und meint sowohl die Bereitschaft der Stadt zur Finanzierung wie auch des Landes Hessen, die Straße deshalb sofort zu bauen.
Wie kann eine klamme Kommune eine solch große Summe stemmen? Geschätzt 800 000 bis eine Million Euro an Zinslasten werden im Stadtsäckel hängenbleiben. Die Rechnung der Regierung von CDU, FDP und FW, in Sachen Nordumgehung von der SPD unterstützt, ist simpel: Nur wenn die Umgehung kommt, können das Baugebiet Waldhohl erschlossen und diverse Ortsumbauten vorgenommen werden. Das Baugebiet kann Millionen in die Stadtkasse spülen, die Ortsumbauten können noch bis 2016 aus dem Dorferneuerungsprogramm bezahlt werden. Dort sichert sich die Stadt einige Millionen für den Umbau der Bahnhofstraße, die sonst verfielen.
Eine große Mehrheit in der Bevölkerung wolle die Umgehung, sagt Guido Rahn. In den Trausaal des Degenfeldschen Schlosses, wo der Vertrag unterzeichnet wird, sind drei Fraktionschefs gekommen, diverse Stadträte, Landtagsabgeordneter Tobias Utter (CDU) aus Bad Vilbel. Selbst Tina Rodriguez von den Grünen, die das Projekt kritisch sehen.
Die Gegner beruhigen
Dass es in der Bevölkerung einige Kritiker gebe, verschweigt Rahn nicht. Sie klagen gegen die Umgehung, haben aber zuletzt angekündigt, einen Kompromiss eingehen zu wollen. „Wir werden mit ihnen eine Vereinbarung schließen“, kündigt Rahn an, „und den Lärmschutzwall bauen.“ Das lässt sich die Stadt 200 000 Euro kosten.
Am Rand steht Karbens Stadtplaner Ekkehart Böing. Seit 1995 arbeitet er im Rathaus. „Die Nordumgehung war mein erstes Projekt auf dem Schreibtisch und das wichtigste.“ Ehrenbürgermeister Detlev Engel (SPD) nickt. „Nun sitzt der letzte Dachziegel auf dem Gebäude, an dem viele Leute mitgearbeitet haben.“
40 Jahre: Dass die Umgehung so lange gebraucht habe, sei ärgerlich, findet Guido Rahn. „Aber es gibt Maßnahmen, die kommen dann trotzdem nicht zu Stande“, mahnt Burkhard Vieth, der Präsident der Landesstraßenbaubehörde „Hessen mobil“. Er ist als Vertretung für den kurzfristig erkrankten Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) eingesprungen und setzt die Unterschrift des Landes unter den Vertrag. „Das ist“, sagt Rahn mit Pathos in der Stimme, „einer der wichtigsten Termine in der Geschichte der Stadt Karben.“ Darauf stoßen Harald Ruhl, Gisela Koeser, Peter Mayer und Herbert Kötter von der BI an, als Ekkehart Böing zu ihnen tritt. „Danke“, sagt Ruhl. „Wofür?“, fragt der Stadtplaner. „Für Deinen Einsatz.“ Das gibt Böing zurück: „Erst die BI hat die Sache richtig ins Rollen gebracht.“ 3000 Unterschriften sammelte sie ab 2007, organisierte zwei Demos, sandte 600 Briefe nach Wiesbaden, hängte 70 Schilder und viele Plakate auf. Wenn 2016 die Autos über die Umgehung rollen, wollen die BI-Mitglieder die Bahnhofstraße völlig stilllegen. Mindestens einen Tag lang. „Mit dem längsten Tisch Hessens“, kündigt Peter Mayer an, „die ganze Bahnhofstraße entlang, weiß gedeckt und mit Kerzen.“ Für Ende dieses Jahres ist laut Projektingenieur Uwe Zimmer der Baubeginn vorgesehen. Dann starten archäologische Untersuchungen und der Brückenbau. (den)