Muss die Stadtregierung in Karben einer Fraktion eine Anfrage beantworten, die sich die Parlamentarier nach kurzem Studium der Protokolle voriger Sitzungen auch selbst beantworten könnten? Darüber streiten SPD und Bürgermeister Guido Rahn (CDU) – und das sehr bald sogar vor Gericht.
Karben. Begonnen hat alles recht harmlos am 7. Oktober vergangenen Jahres. Welche Immobilien die Stadt seit April 2010 verkauft habe und welche Gebäude und Grundstücke die Stadtregierung noch verkaufen wolle, wollten die SPD-Fraktion und ihr Fraktionschef Thomas Görlich damals wissen.
Selbst nachlesen
Die Antwort der Stadtregierung von Bürgermeister Guido Rahn (CDU) fiel knapp aus: Was verkauft worden sei, könne Görlich in den Protokollen des Parlaments nachlesen. Und „prognostische Anfragen“ lasse die Hessische Gemeindeordnung nicht zu.
„Anfragen, die lediglich den Informationsbedürfnissen und nicht der Kontrolle der Verwaltung dienen“, seien unzulässig, befand Rahn in Bezug aufs Gesetz. Der SPD genügte diese Auskunft offenkundig nicht. Denn sie beschwerte sich bei Landrat Joachim Arnold (SPD) als Chef der Kommunalaufsicht, verlor in der Öffentlichkeit aber kein Wort darüber.
Landrat Arnold forderte den Karbener Bürgermeister postwendend auf, der SPD die Auskünfte zu geben, erklärte Rahn. Dieser sieht das nach wie vor nicht ein – und reichte vor dem Verwaltungsgericht Gießen eine Klage gegen die Landrats-Verfügung ein. „Wieso sollen wir hier eine Übersicht zusammenstellen über etwas, was alle beschlossen haben?“, fragt Rahn. Anfragen seien „ein Kontrollrecht, aber keine Arbeitsbeschaffung für die Verwaltung“.
Eine Grundsatzfrage
Bei der Parlamentssitzung am Freitagabend sind die Streithähne direkt aufeinander getroffen. „Beantworten Sie einfach die Frage“, fordert Fraktionschef Thomas Görlich den Bürgermeister auf. „Das kostet Geld für eine Aktion, die Ihnen wahrscheinlich nichts bringt.“
Guido Rahn hält dagegen: „Sie können auch verzichten und einfach in die fünf Protokolle ’reinschauen“, die man ihm bereits genannt habe. Auch koste das Verfahren die Stadt nur 500 Euro: Weil es um eine Grundsatzfrage gehe, werde die Stadt vor Gericht vom Hessischen Städte- und Gemeindebund vertreten. „Wir wollen das nun eindeutig klären lassen.“
Für Stadtoberhaupt Rahn rüttelt das Vorgehen der SPD an einem Grundprinzip: „Ob wir Sachen zusammenstellen müssen, die jeder weiß.“ Da die Verwaltung bereits an der Belastungsgrenze arbeite, müsse er diese vor solcher Mehrarbeit schützen.
Allerdings könnte die Schützenhilfe für die SPD aus Friedberg schon bald teilweise Vergangenheit sein: Wenn Karben wie geplant unter den finanziellen Rettungsschirm des Landes für klamme Kommunen schlüpft, will das Land die Finanzaufsicht für die Stadt vom (SPD-regierten) Wetteraukreis auf das (FDP-geführte) Darmstädter Regierungspräsidium (RP) übertragen.
Per Dringlichkeitsantrag wollte die SPD eine Resolution dagegen im Parlament verabschieden lassen: Die Regelung führe dazu, dass „unter Umständen verschiedene Maßstäbe“ für die Wetterauer Städte und Gemeinden angelegt werden, findet Thomas Görlich.
„Dass das Land den Haushalt prüft, wenn es für uns Schulden tilgt“, sei gerecht, entgegnet CDU-Fraktionsvorsitzender Mario Beck. Geschehe das direkt beim Regierungspräsidium, bedeute das weniger Bürokratie. Weil aber das Land darüber entscheide und deshalb das Stadtparlament nicht zuständig sei, stoppen CDU, FW und FDP den Vorstoß. „Wir wollen den Haushalt ausgleichen“, sagt Beck, „und haben kein Problem damit, das nachprüfbar zu machen.“ (den)