Da ist er also doch noch, der Winter 2011/12. So lange so bitterkalt – das haben die Menschen in der südlichen Wetterau schon lange nicht mehr erlebt. Bei Höchsttemperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt arrangiert sich jeder auf seine Weise in der Kälte. Die Zahl der Toten durch die klirrende Kälte in Osteuropa stieg in den letzten Tagen weiter an. Hierzulande hat der Deutsche Wetterdienst das Rekordtief von minus 29,1 Grad Celsius auf Usedom gemessen. Die Kälte hält unvermindert und es soll schneien.
Bad Vilbel. Kälte? Kein Problem“ Baustellenleiter Dietmar Schult steht vor dem Hochregallager bei Hassia in Bad Vilbel und schaut hoch, wo gerade der Kran das letzte Element auf 24 Meter Höhe hochzieht. Dort oben auf dem Gerüst arbeiten seine Kollegen dick eingepackt, Handschuhe, Schal, Mützen unter dem Helm.
„Kälte macht uns nichts aus! Nur wenn es regnet oder schneit wird es ungemütlich und zudem gefährlich. Dann gehn wir nicht mehr hoch, wenn es nicht sein muss“. Ist es so kalt wie jetzt, dann hilft noch ein Pullover mehr und öfters ein Päuschen im Warmen mit einem heißen Kaffee. Das einzige Problem, sagt Schult, „der Strom reicht nicht, denn wenn bei diesen Temperaturen noch acht Baucontainer mit je 2000 Watt beheizt werden müssen, dann fliegen schon mal hin und wieder die Sicherungen raus“. Die bittere Kälte bedeutet keine Verzögerung für den Bau am Rosengarten. Die 25 Bauarbeiter arbeiten auch in der Kälte weiter. Der Bau, im September begonnen, soll bis Mai fertig sein. Dann haben Schult und seine Kollegen 770 Tonnen Stahl verarbeitet und Platz für 18 000 Paletten geschaffen.
Wer beim Römerbrunnen erwartet, dass Eiswürfel herauspurzeln, wird enttäuscht sein. Die Quelle plätschert munter vor sich hin. Rings um die Quelle allerdings bedeckt eine dicke Eisschicht den Boden und lädt zum Schlittschuhfahren ein. „Völlig egal, wie kalt es ist, das Wasser sprudelt immer mit 9,5 bis 10,5 Grad Celsius aus dem Boden“, erklärt Stefan Kunz, Projektmanager bei Hassia, und unerschöpfliche Quelle historischer Geschichten über Vilbeler Wasser.
Als 1928 die Nidda Hessen und Preußen teilte, wurde der Brunnen auf der östlichen, der preußischen Niddaseite gegraben, weil das hessische Gesetz auf der anderen Uferseite nur eine Tiefe von 60 Meter zugelassen hatte. So sprudelt heute immer noch wie damals durch die Kohlensäure wie ein Geysir herausgepresst das Wasser aus 280 Meter Tiefe. Und die rote Farbe rings um den Auslass? Die kommt durch das Eisen im Wasser.
Halb acht in der Früh am Vilbeler Südbahnhof. Normalerweise ist der nördliche Bahnsteig von Berufspendlern bevölkert. Jetzt aber wartet kein Mensch auf die S 6 Richtung Frankfurt. Fast keiner. Zwei, drei junge Frauen, dick eingepackt in Anoraks, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, suchen bei zwölf Grad minus in der Fahrgasthalle Schutz vor dem eisigen Nordostwind. Alle paar Minuten weist eine männliche, mal eine weibliche Lautstimme darauf hin, dass mit der S-Bahn um 7.47 Uhr nicht zu rechnen sei. Als Begründung dient der nichtssagende Hinweis auf eine Betriebsstörung, wofür man sich entschuldige.
Matthias N. stemmt sein Rennrad, steigt die eiserne Treppe der Gleis-Überführung hinauf und auf der westlichen Seite wieder hinunter. Das schicke Rad ist federleicht, sein Problem aber wiegt schwer. Der Bad Vilbeler muss bis Frankfurt-West. Er schwingt sich dann in Richtung Mendelssohn-Straße aufs Velo mit Ziel Arbeitsplatz. Heute ist er ratlos, hofft auf einen Bus und verschwindet Richtung Biwer-Kreisel. An der Bushaltestelle dort aber ist nichts los. Es bleibt das Rätsel: Wo sind nur all die Berufspendler geblieben? (zlp)