„Ich bin erschüttert wie selten“ zeigte sich SPD-Fraktionschef Rainer Fich in der Stadtverordnetenversammlung über das Verhalten der Grünen. Sie stimmten als Einzige gegen einen Dringlichkeitsantrag von CDU und FDP, der Magistrat solle unverzüglich in Gespräche mit dem Wetteraukreis eintreten mit dem Ziel, die Streichung der Mittel für die U3-Betreuung durch kommunale und private Träger rückgängig zu machen.
Bad Vilbel. Natürlich könne der Wetteraukreis frei seine Planungen ändern und selbst langjährige Förderungsinstrumente streichen, betonte Jörg-Uwe Hahn (FDP) in der Antragsbegründung. Allerdings habe er kein Verständnis dafür, wenn das so kurzfristig geschieht, dass weder Kommunen und schon gar nicht freie Träger sich auf die fehlenden Mittel einstellen können. Deshalb soll der Magistrat darauf hinwirken, dass die Zahlungen 2012 wie in diesem Jahr fließen. „Alle haben mit diesem Geld fest gerechnet“, sagte Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP). „Die Kommune kann, ja sie muss den Ausfall auffangen. Aber die freien Träger können das nicht. Wo sollen sie das Geld hernehmen?“
Immerhin geht es um 900 Euro pro Kind und Monat. 40 U3-Plätze seien in Bad Vilbel in Gefahr und könnten nicht so schnell durch Tageseltern aufgefangen werden. Denn um Tagesmutter oder Tagesvater zu werden, seien 160 Stunden Ausbildung vorgeschrieben. 13 Tagesmütter in Bad Vilbel betreuten derzeit 42 Kinder. Die Stadt versuche, Tagesmütter mit der evangelischen Familienbildungsstätte weiter zu fördern. Doch bis Mitte nächsten Jahres sei kaum mit zusätzlichen zu rechnen, da ein Gewerbe mit Steuer und Krankenversicherung angemeldet werden müsse. „Hier bricht etwas Funktionierendes weg zugunsten von etwas, was sich vielleicht entwickeln könnte.“ „Diese Darstellung teile ich zu 100 Prozent“, sagte Sozialdemokrat Rainer Fich. Die Entscheidung des Wetteraukreises, Tagesmütter mehr zu fördern als Einrichtungen, sei der „falsche Ansatz“. Tagesmütter könnten sinnvoll sein, doch sie seien nicht in der Lage, das zu leisten, was Einrichtungen können, etwa hinsichtlich sozialer Kontakte zwischen Kindern, machte Fich klar.
Kathrin Anders (Grüne) widersprach: Soziales Denken und Handeln sowie gemeinsames Spielen beginne erst mit drei Jahren. Bis dahin gebe eine feste Bezugsperson Halt und Sicherheit. Dies könnten städtische Einrichtungen wegen des Personalmangels nicht leisten. Der Erzieherinnenmangel beruhe auch darauf, dass die Kommunen den Beruf so wenig honorierten. „Sie sollten dem Wetteraukreis danken, dass er für eine sinnvolle Alternative das Budget für Unter-Dreijährige auf zwei Millionen Euro verdoppelt hat“, so Anders. „Teilen Sie das den Freien Trägern so mit“, forderte Freund-Hahn die Grünen auf.
Seit September sei der Kreishaushalt ein Thema, ergänzte Hannelore Rabl (Grüne). Jeder, der sich mit U3 beschäftigt, habe gewusst, dass es Änderungen gebe. Aber keiner habe nach finanziellen Auswirkungen gefragt. Der Kreis trage die Kosten für die 42 bestehenden Tagesmütterplätze in Bad Vilbel und habe einen Bedarf von 83 Plätzen errechnet. Was an Mitteln nicht gebraucht werde – voraussichtlich 700 000 Euro – fließe dann in die Einrichtungen zurück.
Diese Bewegung habe es erst nach einem Vorstoß der CDU gegeben, sagte Karl Peter Schäfer (CDU) und betonte, bis Ende November sei nichts davon in den Ausschüssen gewesen.
Fich konnte nun verstehen, dass er vergeblich „auf einen Änderungsantrag der Grünen gewartet“ hatte. „Der kann gar nicht kommen, wenn die U3-Betreuung in Einrichtungen derart in Zweifel gezogen wird.“ Er zeigte kein Verständnis, dass sich die Bad Vilbeler Grünen „so bedingungslos hinter ihren Kreisdezernenten“ und damit „ins Abseits stellen“. (bep)