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Leben in der Natur

Um die Bad Vilbeler Streuobstwiesen zu erhalten, aber auch, damit Vögel wie der Steinkauz dort künftig Nistgelegenheiten finden, geben die Vogelschützer 62 Apfelbaum-Hochstämme aus.

Bad Vilbel. Wenn sich die Natur zurückzieht, kommen die Naturschützer. In grauer Feuchtigkeit und kahl liegen die Streuobstwiesen am Stadtwaldrand. An vielen der Bäume hängen noch die Äpfel. Meist sind es saure Sorten. „Die sind zum Keltern“, sagt Heinz Gilbert, der Vorsitzende des Vereins für Vogelschutz und Landschaftspflege (VVL). Bevor der Reporter dazu kommt, stellt er sich die Frage gleich selbst: „Warum veranstalten Vogelschützer eigentlich eine solche Pflanzaktion?“ Dafür gebe es gleich mehrere Gründe, sagt Gilbert.

Die Streuobstwiesen seien auch der Lebensraum des seltenen Steinkauzes, der in Bad Vilbel praktisch am stärksten in der Wetterau vertreten sei. Damit das auch in den nächsten Jahren so bleibe, müsse nachgepflanzt werden. Da geht es um Nachhaltigkeit. Erst in 50, 60 Jahren werden die jetzt gepflanzten Bäume so weit abgetragen sein, dass Vögel Höhlen in den Stämmen nutzen können. Neben dem Steinkauz freuen sich auch der Gartenrotschwanz, der Vogel des Jahres 2011, und der Star auf ein Zuhause für ihren Nachwuchs in den Bäumen.

500 Nistkästen

Doch nicht erst, wenn aus den Bäumen Totholz geworden ist, werden sie für die Vögel interessant. Wenn die Äste der Bäume kräftig genug sind, etwa nach 20 Jahren, dann können dort schon Steinkauz-Röhren befestigt werden. Insgesamt hat der VVL im Stadtwald mehr als über 500 Nistkästen verteilt. Sie sorgen dafür, dass den Aktiven auch im Winter die Arbeit nicht ausgeht. Alle Kästen müssen vor dem Frühjahr gereinigt werden und auch die Steinkauz-Röhren sollen rechtzeitig vor der Balz der Tiere im Frühjahr hängen.

Goldparmäne & Co.

Bereits Ende August warb der VVL für seine Aktion „Pflanze einen Apfelbaum – du rettest einen Lebensraum“. Besitzer oder Pächter der Streuobstwiesen konnten sich um die Stämme bewerben. Dabei achtete Gilbert auf besonders große Artenvielfalt. Darunter sind nicht nur bekannte Sorten wie Boskoop, Jonagold oder Cox Orange, sondern auch der Brettacher Gewürzapfel, die Goldparmäne, der Rote Berlepsch und die Rheinische Schafsnase. Die Resonanz war groß. Schon nach einer Woche hatten sich 31 Grundstückseigner und Pächter gemeldet, bestellten 62 Bäume vor. Die etwa ein bis zwei Jahre alten Hochstämme sollen am Samstag nächster Woche, frisch von der Baumschule, gepflanzt werden. Einige bereits ausgehobene Pflanzlöcher künden schon von dem Vorhaben.

Zu den Stämmen gibt es auch einen Verbissschutz, weil Schafe die Streuobstwiesen nutzen: eine Kunststoffröhre mit Löchern sowie einen Pfahl. Allein die Stämme haben jeweils einen Wert von 30 Euro, so Gilbert. Aber es gibt alles umsonst – als Anreiz, langfristig die Pflege zu betreiben. Dafür gab es 1500 Euro von der Stadt, der VVL legte 200 Euro drauf, „wegen der großen Nachfrage“, sagt Gilbert.

Sinn mache es, gerade jetzt, im Herbst, zu pflanzen – und nicht erst im Frühjahr, erläutert der Naturschützer. „Da hat der Baum keine Blätter und verbraucht nicht so viele Nährstoffe.“ Außerdem gebe es im Herbst viel Niederschlag, „da wachsen die Bäume besser an.“

Wer sich für Streuobstgrundstücke interessiert, kann sich beim Agenda-Büro der Stadt, Telefon (0 61 01) 60 23 28, melden.