Bad Vilbel. Wer einen vergammelten Bahnhof sehen möchte – willkommen in Bad Vilbel! Nicht wenige Pendler nennen den dortigen Nordbahnhof begründet „Saustall“. Dabei kostet er letztlich die Steuerzahler richtig Geld: 90 000 Euro per annum. Soviel erhält die Deutsche Bahn, Station & Service, Jahr für Jahr von den Betreibern der S-Bahn sowie des Stockheimer Lieschens als so genannte Stationsentgelte.
Dies geht aus einem Schreiben hervor, mit dem sich Erster Stadtrat Jörg Frank (CDU) an das Eisenbahn-Bundesamt gewandt hatte. Für jeden Halt einer Bahn muss demnach ein bestimmter Betrag bezahlt werden, der eigentlich dazu verwendet werden soll, den Bahnhof in einem ordentlichen Zustand zu erhalten. Dass dies nicht geschieht, ist für Reisende und Bürger weithin sichtbar – und zu riechen.
„Personen und Zuständigkeiten wechseln bei der Bahn öfter als die Fahrpläne. Wir wissen nicht mehr, an welchen Ansprechpartner wir uns noch wenden sollen. Also haben wir das Bundesamt um Auskunft gebeten“, erklärte Frank auf Anfrage dieser Zeitung. Er teilte der Behörde mit, der Nordbahnhof vermittle den Eindruck, dass keinerlei Interesse der Bahn an einer Verbesserung der Zustände bestehe. Eher scheine die Bahn ihn bewusst verwahrlosen zu lassen. Der Fahrkartenschalter sei geschlossen und ein neuer Pächter für den Kiosk nicht in Sicht. Das Gebäude habe sich längst zur anschaulichen Bestätigung der „Broken-Windows“-Theorie entwickelt.
Dass es auch anders gehe, beweise der Pächter des Kiosks am Busbahnhof. Er habe attraktive Öffnungszeiten, spreche die Menschen an und unternehme nachts Kontrollfahrten zu unregelmäßigen Zeiten. Das Ergebnis: Es gibt weder Schmierereien noch Uringestank!
Prompt erhielt Frank eine Antwort – wenn auch nicht die, die er sich gewünscht hätte. Weil der desolate Zustand des Bahnhofsbereiches nicht die Sicherheit beeinträchtige, könne das Eisenbahn-Bundesamt die Beseitigung der Mängel nicht anordnen. Der „Bahnhofsmanager“ habe allerdings zugesagt, dass im April die Unterführung und der Innenbereich des Gebäudes gestrichen sowie die Glasscheiben an der Außentür erneuert werden sollen. Weitere Investitionen in die Außenfassade seien auf Grund des bevorstehenden Verkaufes nicht zu erwarten. An einer Vermietung der Räume im Gebäude sei die Bahn wohl interessiert. Doch der Kiosk vor dem Bahnhof stelle eine Konkurrenz dar. Das Stationsentgelt, jene 90 Tausender, werde für den baulichen und technischen Unterhalt sowie für Reinigung verwendet. Vandalismus-Schäden könnten daraus nicht gedeckt werden. Deshalb wünsche sich das Bahnhofs-Management künftig eine verstärkte Kontrolle durch die Ordnungsbehörde.
Um nicht vor Zorn zu platzen, zwingt Frank sich zu einem verzweifelten Lächeln, wenn er diese Antwort zitiert. Denn für Kontrollen zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung auf Bahngelände sei nicht die Kommune verantwortlich, sondern Bundespolizei und der bahneigene Sicherungsdienst. Aus den 90 000 Euro müsste auch ein Betrag für zusätzliche Kontrolldienste abgezwackt werden können. „Aus unserer Sicht sahnt Station & Service die Stationsentgelte nur ab“, schreibt Frank. Es seien keine Verbesserungsmaßnahmen erkennbar, städtische Hilfsangebote würden abgelehnt.
Frank fragte das Eisenbahn-Bundesamt, „wie wir den zuständigen Bahnhofs-Manager erreichen können, den Sie in Ihrem Schreiben zitieren. Wäre es Ihnen möglich, Namen und Telefonnummer mitzuteilen?“
Nun wartet Frank gespannt, ob der Bahnhof innen tatsächlich gestrichen, die Fenster erneuert werden und vielleicht sogar ein zuständiger „Bahnhofs-Manager“ ausfindig zu machen ist . . .